Düsseldorf Flughafen: Kritiker haben das Wort

Bei der Anhörung um die Expansion des Düsseldorfer Airports geraten Betreiber und Gegner aneinander.

Für die Flughafenanwohner ist der Lärm der Maschinen ein ständiges Problem.

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Düsseldorf. Als Flughafenchef Thomas Schnalke seine auf zehn Minuten angesetzte Redezeit überschreitet, in der er den Antrag des Düsseldorfer Flughafens auf Kapazitätserweiterung verteidigt, gibt es bereits einzelne Protestrufe: „Aufhören mit der Märchenstunde!“ „Das ist hier doch keine Werbeveranstaltung.“

Christoph Lange, Vorsitzender des Vereins „Bürger gegen Fluglärm“, am Montag beim Erörterungstermin in Düsseldorf.

Etwa 140 Menschen sind in die karge Halle der Düsseldorfer Messe gekommen — an diesem ersten Tag des von der Düsseldorfer Bezirksregierung ausgerichteten Erörterungstermins. Angesichts der knapp 41 000 schriftlichen Einwendungen eine eher geringe Zahl. Die meisten Stühle bleiben unbesetzt. Aber das mag auch daran liegen, dass am Montag noch nicht die direkt vom Fluglärm Geplagten gehört werden. Es geht um Verfahrensfragen — was alles möglicherweise im bisherigen Verfahren versäumt wurde. Und Gutachter präsentieren ihre schwer verdaulichen Arbeitsergebnisse.

Flughafen-Chef Thomas Schnalke verteidigte das Vorhaben.

Ein mannshoher Aufsteller der „Bürger gegen Fluglärm“ macht aber deutlich, worum es geht — in großen Lettern steht da über dem Foto eines Flugzeugs, das über ein Hausdach hinwegdonnert: „Im Lärm-Einzugsbereich des Düsseldorfer Flughafens leben 860 000 Menschen.“ Und deren Interessenvertreter schießen denn auch bald ihre ersten Pfeile ab.

Zunächst mal gegen einen, der gar nicht da ist. Der Landesverkehrsminister hat keinen Vertreter geschickt. Wie das sein kann, wird immer wieder zornig gefragt — wo er doch am Ende entscheiden wird über das, was in diesem Erörterungstermin an Bedenken gegen das Vorhaben des Flughafens vorgebracht wird. Das Ministerium kneife, es glänze durch Abwesenheit, so der Vorwurf. Ein anderer kritisiert die „traditionell sehr enge Zusammenarbeit zwischen Flughafen und Ministerium“.

Verhandlungsleiter Heinrich Goetzens von der Bezirksregierung Düsseldorf, die den Erörterungstermin organisiert, erklärt, dass das Verkehrsministerium keine Anwesenheitspflicht habe. Und er versetzt sich in die Lage von Mitarbeitern des Ministeriums, als er den Flughafengegnern sagt: „Sonst würden Sie vielleicht nur auf die eindreschen. So wie es jetzt läuft, ist es sachlicher.“

Und so verteidigt also zunächst einmal Flughafenchef Thomas Schnalke das Vorhaben. Seine Mannschaft mit knapp 20 Leuten nimmt auf dem Podium allein zwei Sitzreihen ein. Schnalke betont, wie wichtig die beantragte Kapazitätserweiterung sei. „Wir operieren am Limit, wir können die wachsende Nachfrage nicht mehr bedienen“, sagt er. Der Antrag sei „Ausdruck einer sich wandelnden Welt. Die Menschen wollen mobil sein.“ Sie wollten etwa in ihren wohlverdienten Jahresurlaub starten. Vor allem aber sei der Flughafen und dessen Kapazitätserweiterung wirtschaftlich wichtig. 18 000 ausländische Unternehmen hätten in NRW investiert. Deren Anbindung an ihre Heimatmärkte sei besonders wichtig.

Der Flughafen sei ein bedeutender Aspekt für Investoren, die sich hier ansiedeln und damit auch für Arbeitsplätze sorgen. Schnalke: „Das ist ein öffentlicher Auftrag, der uns von den Menschen gegeben wird. So verstehen wir unser Tun und Handeln“.

Diesen vom Flughafenchef reklamierten öffentlichen Auftrag stellen die Gegner jedoch in Frage. Werner Kindsmüller von der Initiative „Kaarster gegen Fluglärm“ sagt, dass es dem Flughafen nicht um öffentliche, sondern um betriebswirtschaftliche Belange gehe. Der Flughafen habe keine Wohlstandsbilanz vorgenommen. Die Belastung der Anwohner und auch die Einbußen der Regionalflughäfen in NRW, denen Passagiere abgeworben würden, seien nicht berücksichtigt worden.

Auch Christoph Lange, Vorsitzender von „Bürger gegen Fluglärm“, der nach eigenen Angaben für 25 000 Einwender spricht, unterstreicht, dass der Flughafen rein privatwirtschaftliche Interessen vertrete. Die Landesregierung werde mit Totschlagsargumenten (Wirtschaft, Arbeitsplätze) genötigt.

Lange empört sich über die Behauptung, dass mit der Kapazitätserweiterung und dadurch erzielter höherer Flexibilität Flugbewegungen in der Nacht vermieden werden könnten. Hintergrund: 2016 gab es nach 23 Uhr insgesamt 1991 Landungen und 153 Starts. Lange: „Fragen sie mal eine Klasse Sextaner, wie man Verspätungen abbauen will, wenn man die Kapazität sogar noch erhöht!“ Bei 60 Flugbewegungen pro Stunde statt bislang 47 seien weitere Verspätungen programmiert.

Heinrich Westerlage von der Stadtverwaltung Meerbusch hält es „für fast schon menschenverachtend“, dass der Flughafen beim Thema Flugsicherheit nichts dazu sage, wie sich die geringeren Abstände von Starts und Landungen auf die Flugsicherheit auswirken werden — für die Passagiere und für möglicherweise von einem Absturz betroffenen angrenzenden Kommunen.

Auch Gutachter zeigen sich skeptisch. Professor Barbara Hoffmann, Umweltmedizinerin an der Uni Düsseldorf, sieht schon die jetzige Belastung durch Lärm und Luftschadstoffe am Düsseldorfer Airport als hoch an. Eine Quantifizierung der zusätzlichen Belastung gebe es in den eingereichten Unterlagen nicht. Da müsse noch nachgebessert werden. Auch Rainer Gurski von der Ruhr-Uni Bochum kritisiert, dass in den Unterlagen des Flughafens nichts Konkretes zu den Lärmauswirkungen auf die Gesundheit gesagt werde.

Stellungnahmen, die die Gegner der Kapazitätserweiterung beflügeln dürften. Gegner, von denen einer der Hauptstreiter, Christoph Lange, sagt: „Wir sind nicht eine Mücke, sondern eine Heerschar von Mücken.“