Hochwasser-Folgen In den Flutgebieten wird weiter aufgeräumt
DÜSSELDORF. · Auch einen Monat nach der Hochwasserkatastrophe kann von Alltag längst nicht die Rede sein. Ein Überblick über die Lage in den betroffenen Regionen.
Einen Monat ist es her, dass die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen verheerende Schäden anrichtete: 47 Menschen kamen ums Leben, Straßen, Brücken und Häuser wurden überschwemmt und teilweise zerstört, Strom und Handynetze fielen aus: In vielen der besonders stark betroffenen NRW-Kommunen sind Tausende Menschen weiter mit dem Aufräumen beschäftigt.
Strom, Gas und Telefonnetz sind inzwischen überwiegend wieder da. Auch das Abkochgebot für Trinkwasser mancherorts wurde – bis auf Einzelfälle wie in Ortsteilen von Bad Münstereifel – wieder aufgehoben. Rund vier Wochen nach der Flut löste das NRW-Innenministerium zudem die Koordinierungsgruppe des Krisenstabs wieder auf, wie ein Sprecher des Ministeriums am Freitag sagte. „Natürlich bleibt das Innenministerium Ansprechpartner für weitere Hilfsangebote zur Fluthilfe“, erläuterte er. Allerdings sei die Phase „der akuten Einsatzbewältigung und Menschenrettung vorbei“.
Das Unwettertief „Bernd“ hatte die Region in der Nacht des 13. auf den 14. Juli bis zum 15. Juli schwer getroffen. Die Lage im Kreis Euskirchen ist nach Angaben eines Kreissprechers heute „diffus“: An einigen Orten hätten die größten Schäden behoben werden können – überflutete Keller wurden leergeräumt. In anderen Gebieten wie zum Beispiel Bad Münstereifel oder Schleiden-Gemünd gebe es aber noch sehr große Baustellen. Viele Straßen und Brücken seien zerstört und weiter gesperrt.
„Der Bahnhof Euskirchen ist aktuell ein „Geisterbahnhof“, weil weder Züge nach Köln, Bonn, Bad Münstereifel und Trier fahren“, teilte der Sprecher mit. Der westlich von Bonn in der Eifel gelegene Kreis wurde mit seinen vielen kleinen Flüssen vom Hochwasser an manchen Orten geradezu verwüstet. Mehr als die Hälfte der in NRW bei der Katastrophe gestorbenen Menschen entfallen auf diesen Kreis.
Die Stadt Altena im Märkischen Kreis war durch den Starkregen zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten, weil Straßen stark überspült wurden. Ein Feuerwehrmann war bei einer Rettungsaktion dort ertrunken. Einen Monat später gehe man einer vorsichtigen Schätzung zufolge von einem kommunalen Schaden von rund 60 Millionen Euro aus, sagte der Stadtkämmerer Stefan Kemper am Donnerstag.
Material wie Geröll und Gesteinsmengen in den Bachläufen der Lenne bereiten derzeit beim Aufräumen Probleme. Es sei schwierig, den Schutt aus dem Wasser zu bergen, weil viele Bachläufe überbaut seien. „So in der Form hat es das noch nicht gegeben. Das war für uns außergewöhnlich“, sagte Kemper. Auch die große Bundesstraße 236 sei noch bis voraussichtlich Ende des Jahres gesperrt, weil dort eine Gasleitung freigelegt worden war.
Die Stadt Hagen schätzte den Schaden für die öffentliche Infrastruktur bei sich grob auf rund 200 Millionen Euro. Die Polizei der Stadt zwischen Ruhrgebiet und Sauerland hatte in der Nacht zum 14. Juli von überschwemmten Straßen, vollgelaufenen Kellern und Hunderten verzweifelten Anrufen berichtet. Nun neige sich die Sperrmüllabfuhr langsam dem Ende zu, Geröll und Schotter werden laut einer Stadtsprecherin abgefahren. Dafür benötige man Lagerflächen.
„Es ist tatsächlich teilweise unglaublich, wie weit die Aufräum- und Reparaturarbeiten angesichts der enormen Zerstörung schon vorangeschritten sind“, teilte die Stadt Stolberg mit. Die meisten Straßen und Bürgersteige könnten zumindest provisorisch benutzt werden. Einige Kitas seien durch das Hochwasser aber dermaßen zerstört worden, dass Kinder nun übergangsweise in Containern betreut würden.
Auch in Meckenheim im Rhein-Sieg-Kreis müssten eine Kita, Grundschulen und Turnhallen saniert werden. Die Arbeiten dauern nach Angaben eines Sprechers voraussichtlich noch bis ins Frühjahr 2022. „Erste umfangreichere Tätigkeiten laufen bereits, damit der Schulbetrieb mit Beginn des neuen Schuljahres starten kann.“ In Lohmar im Kreisgebiet belaufe sich der Schaden auf rund 2,8 Millionen Euro, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Im Rhein-Sieg-Kreis gingen Mitte Juli allein in den ersten 24 Stunden mehr als 12 000 Notrufe aus dem Kreisgebiet ein. Mehrere Menschen kamen dort ums Leben.
Durch das Hochwasser hatten im Netzgebiet der Eon-Tochter Westnetz in NRW und Rheinland-Pfalz rund 200 000 Menschen keinen Strom. Mittlerweile seien mehr als 199 000 Kunden wieder versorgt, teilte ein Westnetz-Sprecher am Donnerstag mit. Besonders betroffen seien momentan noch Bad Münstereifel und Euskirchen. In Nordrhein-Westfalen belaufen sich die Schäden durch das Unwetter laut Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach ersten Schätzungen auf mehr als 13 Milliarden Euro.