Immer mehr Büdchen stehen in Düsseldorf leer
Um überleben zu können, öffnen manche Kioske rund um die Uhr.
Düsseldorf. Sie sind Mini-Markt und Nachbarschaftstreff, sie sind Tabak-Laden und Café. Sie erfüllen die kleinen Wünsche zwischendurch. Kurz, sie sind ein Stück Kultur — Büdchen-Kultur.
Doch die ist bedroht. Immer mehr Kioske stehen in Düsseldorf leer. Etwa an der Friedenstraße, der Kirchfeldstraße, der Pempelforter Straße, der Behrenstraße, am Brehmplatz, in Gerresheim an der Torfbruchstraße und sogar an der Ratinger Straße.
Der letzte Pächter des Lädchens an der Ratinger Straße war Haydar Kaptagel. Doch er gab vor vier Monaten nach zwei harten Jahren auf. Das Ganze lohnte sich einfach nicht. „Die Mieten sind in der Altstadt sehr hoch und die Margen sehr niedrig. Um 300 Euro an Tabakwaren zu verdienen, muss man 10 000 Euro umsetzen. An der Bolkerstraße ist ein anderes Publikum, da funktioniert das noch.“
Für ihn hätte sich das Geschäft nur gerechnet, wenn er selbst 18 bis 19 Stunden im Geschäft gestanden hätte. „Etwa drei Euro habe ich pro Stunde verdient, davon kann ich kein Personal mehr bezahlen.“ Nun arbeitet Kaptagel wieder in seinem alten Job — als Kellner.
Thorsten Hellwig von der Dehoga bestätigt den Trend des Büdchensterbens. Die Konkurrenz nehme gnadenlos zu. Supermärkte hätten zum Teil bis 24 Uhr geöffnet, Tankstellen sogar rund um die Uhr. Und mehr und mehr Handel laufe über das Internet. „Die Büdchendichte wird abnehmen“, sagt er. Heute schon sei sie deutlich geringer als vor 30 Jahren.
Und das Überleben für den einzelnen Kioskbesitzer werde immer schwieriger. Vor allem für die, die nach wie vor nur auf das klassische Angebot setzen. „Die Büdchen müssen ihre Produktpalette stark ausbauen.“ Zudem seien extreme Öffnungszeiten nötig.
Auch bei Mentor Jusufi läuft das Geschäft über Selbstausbeutung. Seit dreieinhalb Jahren führt er den Kiosk an der Lorettostraße 15. Zwei Wochen Urlaub hat er sich seitdem gegönnt. Sechs Tage die Woche hat er von 6 bis 24 Uhr geöffnet, nur sonntags erst ab 8 Uhr. Überleben kann er nur, weil die ganze Familie mithilft. Seine Frau und beide Söhne stehen mitunter hinter der Theke. Das Büdchen als Hort wirtschaftlicher Unvernunft . . .
Längst bietet Jusufi nicht mehr nur Zeitungen, Zigaretten und Kaltgetränke an. Es gibt Kaffee zum Mitnehmen, einen Automaten, um Fotos zu entwickeln und Spielzeugautos. Und bald wird sein Laden auch noch zur Postfiliale. „So kommen einfach mehr Menschen in mein Geschäft, die dann hoffentlich auch etwas kaufen.“
Andere versuchen, ihr Überleben mit noch abenteuerlicheren Öffnungszeiten zu sichern. Zum Beispiel das Gerresheimer Bahnhofsstübchen mit seinen Wett- und Spielautomaten. Rund um die Uhr ist offen — was in Düsseldorf übrigens kein Einzelfall ist. „Abends verändert sich das Publikum. Dann wird das Büdchen zur Kneipe“, sagt Inhaber Peter Dini. Es wird Fußball geguckt und ein Bierchen getrunken. „Bei schönem Wetter grillen wir.“
Trotz aller Ideen und Anstrengungen — Hellwig prophezeit den Büdchenbetreibern eine schwierige Zukunft: „Es ist heute kaum noch möglich, von den Einnahmen auf normalem Niveau zu leben.“