Karneval Das Literarische Komitee hat sich aufgelöst
Düsseldorf · Wegen mangelndem Interesse bei den Vereinen ist jetzt Schluss. Damit fallen auch die Vorstellabende im Karneval und die Talentförderung aus.
John Doyle ist als Comedian schon länger bekannt. Seine Karriere als Komiker startete er 1996 mit seinem ersten Soloprogramm „Allein in Deutschland“. Doch im Karneval kannte den US-Amerikaner mit dem lustigen Akzent niemand. Dort musste er sich erst Namen machen. Also ganz unten anfangen, zu den Vorstellabenden gehen und die Verantwortlichen der Vereine überzeugen, ihn bei den Sitzungen zu buchen.
Das ist dem 56-Jährigen 2015 hervorragend gelungen, denn heute ist er aus der jecken Zeit nicht mehr wegzudenken. Doch das Literarische Komitee, das die Vorstellabende für aufstrebende Karnevals-Künstler organisiert hat, ist im Sommer aufgelöst worden. Gegründet wurde es vor vielen Jahren von Sepp Esser, Oliver Decker und Stefan Kleinehr.
Beim Finalabend kamen gerade mal 120 zahlende Gäste
Bisher war der Weg der Nachwuchskünstler, die es im Düsseldorfer Karneval auf die Bühne schaffen wollten, klar vorgegeben. Man warb bei einem der drei Vorstellabende um die Gunst des Publikums bzw. der Vertreter der Karnevalsvereine. Gefiel der Vortrag oder die Musik, wurde man vom Literarischen Komitee zum Finale in die Rheinterrassen eingeladen. Dort hatte man dann die Chance, für eine der zahlreichen Karnevalsveranstaltungen in der Stadt gebucht zu werden. Das ist nun allerdings vorbei.
„Beim großen Finale in der Rheinterrasse hatten wir im vergangenen Jahr gerade mal 120 zahlende Gäste. Und dabei haben wir über 70 Karnevalsvereine in Düsseldorf. Das war ziemlich enttäuschend“, sagt Stefan Kleinehr. Bei der Versammlung in diesem Jahr stellten sie ihre Ämter zur Verfügung. Und da sich keine Nachfolger fanden, wurde der Verein im Sommer aufgelöst.
„Es war immer eine Menge Arbeit, das Programm zusammenzustellen. Und für die Veranstaltungen haben wir auch immer viele Abende geopfert“, meint auch Oliver Decker. Dabei haben sich an Vorstellabenden viele Künstler vorgestellt, die heute fester Bestandteil der Karnevalszeit sind. „Leute wie Knacki Deuser, Jörg Knör, Wolfgang Trepper oder Markus Krebs, die heutzutage sogar oft im TV zu sehen sind, haben auf unserer Bühne ihre ersten Schritte im Karneval gemacht“, erinnert sich Kleinehr.
In Köln hingegen gibt es nach wie vor eine sehr professionelle Nachwuchsarbeit. Wer als Redner oder Musiker im Kölner Karneval richtig durchstarten möchte, kann sich für einen Ausbildungsgang des Literarischen Komitees bewerben. Das Literarische Komitee bietet mit einem dreijährigen Ausbildungsprogramm für die Bereiche Musik und Rede die Chance, das karnevalistische Handwerkszeug zu erlernen. Die Betreuung umfasst neben Kölscher Sproch und Vocal Coaching auch praktische Inhalte wie beispielsweise Management und Booking, Marketing und Kostümberatung. „In Köln kommen auch weit über 1000 Jecken zum Vorstellabenden“, erzählt Kleinehr.
Doch wie soll man als unbekannter Karnevalskünstler ohne Vorstellabende nun den Sprung auf die Bühne schaffen? „Da bleibt einem fast nichts anderes übrig, als in den Nachbarstädten zu schauen, ob es dort noch Vorstellabende gibt“, meint Kleinehr.
Einen Lichtblick gibt es allerdings noch. Bei den Karnevalsfreunden der katholischen Jugend überlegt man, die Veranstaltungen in veränderter Form durchzuführen. „Wir versuchen, mit einem neuen Konzept im nächsten Jahr an den Start zugehen. Aber den Vorstellabend in der Rheinterrasse wird es sicherlich in der Form nicht mehr geben. Wir werden versuchen, das Konzept mit Nachwuchskünstlern bei unserer Schnuppersitzung zu integrieren“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Sven Gerling. Die Vorqualifikationen werden dann aber nicht mehr im Goldenen Ring am Burgplatz stattfinden. Eine neue Location wird noch gesucht.