Interview/Andreas Jentsch: Bachelor - Es wird nachgebessert

Die Studentenvertreter haben einen neuen Vorstand. Dieser will die politische Kultur an der Hochschule neu beleben.

Düsseldorf. Vor zwei Jahren kam Andreas Jentsch an die Heinrich-Heine-Universität. Auf einer seiner ersten Partys trifft er einen Kommilitonen von der Liberalen Hochschulgruppe LHG.

Ihm erzählt Jentsch, dass er sich gerne politisch engagieren würde - allerdings bei den Jusos. Sehr bald sitzt er für sie in diversen Hochschulgremien. Gerade wurde er für ein Jahr zum Vorsitzenden des neuen Allgemeinen Studentenausschusses (Asta) gewählt.

WZ: Herr Jentsch, vom Asta hat man im vergangenen Jahr nur wenig gehört. Sind Studentenvertreter überflüssig geworden?

Jentsch: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil Mitbestimmungsgremien wie der Senat, in denen ja auch der Asta sitzt, durch das neue Hochschulgesetz entmachtet wurden, müssen wir präsenter sein denn je und unsere Anliegen nach außen tragen. Der Asta ist ein Machtfaktor und keine Schülervertretung. Im Gegensatz zu unseren Vorgängern wollen wir klare Positionen einnehmen.

WZ: Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?

Jentsch: Nach wie vor bei den Studiengebühren.

WZ: Ist das Thema nicht durch?

Jentsch: Auf keinen Fall. Unser langfristiges Ziel ist, die Studiengebühren abzuschaffen. Man sieht ja an Hessen, dass das nicht unmöglich ist. Und auch bei der Landtagswahl in NRW werden die Gebühren Thema sein. Das ist für uns Studenten eine historische Chance, hier wirklich etwas zu erreichen. Bildung muss für jeden frei zugänglich sein.

WZ: Die Organisation der Gebühren liegt in der Hand der Universitäten. Warum überzeugen Sie nicht als Erstes Rektor Hans-Michael Piper?

Jentsch: Wir arbeiten daran, und haben auch schon Fortschritte gemacht. Die Verwendung der Gelder etwa wird künftig detailliert offengelegt. Jeder einzelne Posten kann auf der Uni-Homepage nachgelesen werden. Außerdem bekommen die Fakultäten demnächst mehr Geld aus dem Gebührentopf.

WZ: Was heißt das konkret?

Jentsch: Bislang gehen nur 50 Prozent an die Fakultäten, die anderen 50 Prozent beansprucht das Rektorat für so genannte zentrale Ausgaben. Das wird sich ändern. Der Rektor hat signalisiert, dass er der Senatsempfehlung folgen und künftig 60 Prozent der Studiengebühren an die Fakultäten geben will. Das ist auch höchste Zeit. An anderen Universitäten gehen teilweise nur 30 Prozent ans Rektorat.

WZ: Wissen die Studenten das Engagement des Asta überhaupt zu schätzen?

Jentsch: Daran müssen wir arbeiten, das Desinteresse ist weit verbreitet. Manche wissen ja nicht einmal, wer und was der Asta überhaupt ist. Bei Veranstaltungen im Rahmen des Bildungsstreiks kamen teilweise nur 50 bis 100 Leute, und die Wahlbeteiligung zum jüngsten Studentenparlament lag bei 14 Prozent. Die Wuppertaler schaffen 25! Das ist peinlich für die Heine-Uni.

WZ: Viele Studenten müssen Geld verdienen, die Bachelor-Studiengänge sind sehr verschult, da bleiben wenig Freiräume.

Jentsch: Das ist ein großes Problem. Aber zumindest an der Philosophischen Fakultät wird sich am Bachelor etwas ändern.

WZ: Dabei waren doch die Geisteswissenschaften bei der Umstellung auf den Bachelor angeblich so weit vorn.

Jentsch: Aber es war vielleicht gar nicht so gut, die Ersten und die Schnellsten gewesen zu sein. In der Germanistik überarbeitet gerade eine Kommission den Bachelor und hat die Zahl der Prüfungen von elf auf sechs reduziert.

WZ: Warum das?

Jentsch: Die Qualität der wissenschaftlichen Arbeiten der Studenten hat sich massiv verschlechtert. Nachdem verstärkt auswendig Gelerntes abgefragt wurde, will man nun wieder dazu übergehen, die Transferleistung zu betonen.

WZ: Wann greift das modifizierte Konzept?

Jentsch: Der neue Bachelor soll im Wintersemester 2010/11 umgesetzt werden.

WZ: Sie kommen ursprünglich aus Dortmund. Was war bei der Wahl eines Studiums in Düsseldorf überzeugend?

Jentsch: Ich hatte meine Erstzulassung in Düsseldorf und habe mich sofort wohlgefühlt, weil ich im Studentenwohnheim CampusSüd schnell Kontakt zu den Kommilitonen bekommen habe. Und nachdem ich anfangs bei der Fächerauswahl nicht ganz sicher war, fühle ich mich am Institut für Sozialwissenschaften bestens aufgehoben. Da stimmt der Ton zwischen Studenten und Professoren. Und das zählt.