Terrorismus Islamisten-Razzia: Ermittler halten Szene für überschaubar
Experte vermutet 200 bis 250 Salafisten in der Stadt. CDU-Politiker fordert mehr Aufklärung in Flüchtlingsheimen.
Düsseldorf. Eine Razzia bei Islamisten, vermummte GSG9-Beamte, kistenweise Beweismaterial — die Durchsuchungen in Flingern und Hassels am Donnerstag haben in Düsseldorf Verunsicherung ausgelöst. Düsseldorf galt bislang nicht als Hochburg von Islamisten und Salafisten. Hat sich die Lage geändert?
Die Berliner Staatsanwaltschaft mochte ihren Einsatz am Freitag nicht weiter kommentieren: „Wir haben viel Material sichergestellt, die Auswertung wird einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagte Sprecher Martin Steltner. Die Ermittlungen laufen in Berlin in der Abteilung „Organisierte Kriminalität“, offenbar wird auch gegen eine Gruppe ermittelt, die im großen Stil mit gefälschten Dokumenten handelt. Raman S., dessen Wohnungen in Flingern und Hassels am Donnerstag im Fokus standen, war aber nach WZ-Informationen als Kunde aufgetreten.
CDU-Ratsherr Pavle Madzirov hat zum Thema Salafismus — eine ultrakonservative Strömung des Islam — mehrere Initiativen in Ausschüssen gestartet, er sieht eine besorgniserregende Entwicklung. Madzirov erwähnt die steigende Zahl von Infoständen solcher Gruppen in der Stadt, spielt zudem auf den Umzug des bekannten Predigers Sven Lau nach Düsseldorf an. Nun kündigt er einen Antrag an, Infomaterial zu Salafismus in Flüchtlingsunterkünften zu verteilen. „Die Ampelkoalition ist untätig, es geschieht zu wenig auf kommunaler Ebene.“
Philip Tacer (SPD) dagegen nennt die CDU-Anträge inflationär. „Das Spiel machen wir nicht mit.“ Er habe keine Informationen über gefährliche Islamisten in Düsseldorf. Die beste Vorsorge von städtischer Seite sei es, für gute Schulausstattung zu sorgen, für Ausbildungsplätze, Jugendclubs, Sportangebote.
Die Sicherheitsbehörden halten sich mit Informationen zurück. Der Islam-Experte Klaus Spenlen von der Heine-Uni schätzt die Zahl der Salafisten in Düsseldorf auf 200 bis 250. In der Staatsanwaltschaft ist die zuständige Abteilung personell aufgestockt worden. Das liegt aber daran, dass ihre Zuständigkeit über die Stadtgrenzen hinausreicht. Mönchengladbach, Solingen, Dinslaken seien der Grund für die Zunahme der Ermittlungen: „In Düsseldorf ist deutlich weniger zu verzeichnen“, sagen Ermittler.
Wie berichtet war die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft vorab nicht über die Razzia informiert. Der Austausch wird nun nachgeholt, die Düsseldorfer werden ihre Erkenntnisse über Raman S. nach Berlin übermitteln. Dass er an Demonstrationen beteiligt war, bei denen es zu Ausschreitungen kam, führe dazu, dass er einen Vermerk in seiner Akte habe. „Deshalb wurde bei der Razzia die GSG9 dazugeholt“, so ein Staatsanwalt.