Jakobsweg ist ein mobiles Zuhause

Michael Herrmann hat sich mit einer Freundin auf die Spuren von Pilgern begeben. Er zeigt seine Bilder in der Stadtbücherei.

Foto: Judith MIchaelis

Benrath. Der Strand strahlt fast rosa, das Meer leuchtet in einem fast unwirklichen Blau, während sich ein schwindelerregend steiler Weg nach unten windet. „Offene Grenzen“ nennt Michael Herrmann das Foto, das hoch oben in den Pyrenäen an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien entstanden ist - fast schon am Ende der über 2500-Kilometertour nach Santiago di Campostela. Die Einsamkeit der Landschaft fängt den Blick der Besucher der Stadtbücherei Benrath ein. Ein anderes Bild zeigt Herrmann mit seiner Freundin Silke Schulz etwas erschöpft, aber sichtbar glücklich bei einer Rast im französischen Condom. Im letzten Jahr hatten sich der 56-Jährige und die 51-Jährige ein halbes Jahr Auszeit genommen, um auf den Spuren der Jakobspilger zu wandern. Schnappschüsse dieser Tour sind jetzt bis zum 7. Juli in den Räumen der Stadtbücherei zu sehen. „Unter Pilgern“ heißt die Ausstellung.

Foto: privat

Dabei haben sich Schulz und Herrmann nicht wie die Pilger einst auf den Weg gemacht (wie noch manche heute), um Buße zu tun oder von Sünden befreit zu werden. Es war eher Neugierde und Abenteuerlust. „Wir sind schon in den Dolomiten gewandert, waren auch schon mal im Himalaya, aber wir wollten einfach mal etwas anderes machen“, sagt Herrmann. „Denn in unserem Alter fragt man sich unwillkürlich, was bleibt von dem übrig, was du gemacht hast?“

Und der Jakobsweg war jenseits jeder Gläubigkeit ein bleibendes Erlebnis. „In den Monaten zwischen Christi Himmelfahrt und dem 3. August hat die Wanderung eine eine eigenartige Eigendynamik bekommen, wir haben uns ein Stück Freiheit erlaufen“, sagt Silke Schulz. „Und wir haben gemerkt, dass man eigentlich nur sehr wenig benötigt.“ Eine warme Ecke zum Schlafen zum Beispiel, wenn es wie im ersten Monat viel geregnet hat. Da diente schon einmal die Backstube in Poissent les Saulx als Schlafquartier, weil die nassen Schuhe im Ofen trocknen konnten. Anderswo ist das Duo in Klöstern untergekommen, bei Bauern oder auch schon mal im Gasthaus. „Am Anfang sind wir noch sehr vorsichtig gewesen“, sagt Herrmann. „In Oberreifenberg im Hochtaunuskreis haben wir noch beim Bürgermeister übernachtet, später haben wir häufiger draußen geschlafen — aus Angst vor Wanzen.“ Insgesamt aber habe der Jakobsweg eine gute Infrastruktur.

Die einschneidendste Erfahrung aber war, dass man trotz zeitweiser Einsamkeit nie allein war. „Dieser Weg ist wie ein mobiles Zuhause, man trifft sich auf ihm immer wieder,“ sagt Herrmann. Und dabei entstanden auch so manche Freundschaften.