Kantholz-Schläge: Richter bezweifeln Notwehr-Version

Staatsanwaltschaft muss Anklage erheben. Tochter des Opfers hatte geklagt.

Düsseldorf. Für große Bestürzung hatte der Tod von Massimiliano I. im Oktober vor zwei Jahren gesorgt. Der 44-Jährige war an einer Straßenbahnhaltestelle in Unterrath von einem 17-jährigen Realschüler mit einem Kantholz erschlagen worden. Nach langen Ermittlungen hatte sich die Staatsanwaltschaft dazu entschlossen, das Verfahren einzustellen. Der Jugendliche habe offenbar in Notwehr gehandelt. Doch die Tochter von Massimiliano I. wollte sich damit nicht zufrieden geben. Und hatte Erfolg. Wie die WZ berichtete, entschied das Oberlandesgericht jetzt, dass in dem Fall doch Anklage erhoben werden muss.

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„Ein erfolgreiches Klageerzwingungsverfahren ist äußerst selten“, freute sich Rechtsanwalt Wolfgang Steffen, der die Familie vertritt. Die Richter teilten die Meinung der Staatsanwaltschaft nicht, dass der Schüler vermutlich in Notwehr gehandelt hat und verlangen, dass eine Anklage wegen Totschlags erhoben wird.

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Unstrittig ist, dass alle Beteiligten gemeinsam in der Straßenbahn unterwegs waren und in Streit gerieten. Dabei soll auch der 44-Jährige aggressiv gewesen sein. An der Haltestelle „An der Piwipp“ stiegen der 17-Jährige und zwei seiner Freunde aus. Dabei nahm der Schüler das Kantholz mit, das in der Bahn herumgelegen hatte.

Obwohl Massimiliano I. mit seiner Lebensgefährtin noch zwei Stationen weiter fahren wollte, stieg er ebenfalls aus. Angeblich soll der 17-Jährige ihn dazu provoziert haben. Das wiederum würde gegen die Version einer Notwehr-Situation sprechen. Steffen: „Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass sich drei Jugendliche bedroht fühlen, wenn sie von einem 44-Jährigen bedroht werden, der auch noch erheblich alkoholisiert war.“

Dabei geht auch das Oberlandesgericht davon aus, dass Massimiliano I. den Schüler mit seinem Gürtel angegriffen und geschlagen hat. Das Gericht muss nun überprüfen, ob ein „billigendes Inkaufnehmen von tödlichen Folgen“ vorliegt, wie es in dem Urteil heißt.

„Für meinen Mandanten wäre es natürlich angenehmer, wenn die Angelegenheit erledigt gewesen wäre“, erklärte Rechtsanwalt Joachim Müller, der den 17-Jährigen vertritt. Auf der anderen Seite sei es für die Opfer besser, wenn die Fakten öffentlich in einer Verhandlung diskutiert werden. Müller: „Am Ende bin ich sicher, dass wir einen Freispruch bekommen werden.“