Kanzlei-Morde: Verdächtiger hatte Geldnot

Yanqing T. konnte Geldstrafen offenbar nicht zahlen. WZ sprach mit Chef der Kanzlei am Höherweg und mit T.s Nachbarn.

Die Derfflinger Straße: Hier lebt T. seit vier Jahren.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Drei Menschen soll Yanqing T. am Freitag in zwei Anwaltskanzleien brutal ermordet haben. Nach seiner Festnahme in Goch hatte der 48-Jährige die Taten zunächst gestanden, doch seitdem schweigt der Deutsch-Chinese. „Er hat inzwischen einen Rechtsbeistand gefunden“, sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa am Dienstag der WZ. Doch wer den mutmaßlichen Anwaltsmörder verteidigt, soll auf Wunsch des Rechtsanwaltes vorerst geheim bleiben.

Vor der Kanzlei am Höherweg stehen Blumen und ein Grablicht.

Foto: Sergej Lepke

Yanqing T. soll zunächst zwei bis drei Wochen Zeit haben, um zur Ruhe zu kommen. Danach wird er erneut zur Vernehmung eingeladen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, finanzielle Probleme könnten der Auslöser der Taten gewesen sein. Der 48-Jährige habe Geldstrafen, Gerichts- und Anwaltskosten offenbar nicht mehr bezahlen können.

Nachbar Günter Franzke hatte T. 2013 angegriffen.

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Eine Geldstrafe hatte sich T. eingehandelt, nachdem er seiner Chefin in der Gocher Pizzeria mit einer Ohrfeige das Trommelfell zerstört hatte. Und er konnte es offenbar nicht verwinden, dass seine Anwälte — erst am Höherweg, dann in Erkrath — diese Strafe nicht abwenden konnten. Ganz anders sieht das Martin Lauppe-Assmann, der Anwalt, dem die Kanzlei am Höherweg gehört, der zum Tatzeitpunkt aber in Hongkong weilte. Er hat zwei enge Kollegen verloren: „Ulrike F. hatte den Mann exzellent verteidigt, dass er nach dem Schlag überhaupt mit einer Geldstrafe davonkam, ist ihrem Einsatz zu verdanken“, sagt Lauppe-Assmann.

Anwalt Martin Lauppe-Assmann konnte die Unglücks-Kanzlei kurz betreten.

Foto: Sergej Lepke

Am Dienstag besucht er erstmals den Tatort — seine Kanzlei und Wohnräume. Vor dem Eingang zum Straßenverkehrsamt steht ein Pappbecher mit zehn Rosen und ein Grablicht. „Die Spurensicherer haben mich ganz kurz reingelassen, es sah schrecklich aus“, sagt Lauppe-Assmann. Ein, zwei Monate könne man in den Räumen nicht arbeiten, die Akten seien durch das Feuer beziehungsweise Löschwasser zerstört.

So richtig schockiert wirkt der medienerfahrene Anwalt nach außen nicht, routiniert gibt er Interviews, bevor er mit der Kripo ins Polizeipräsidium fährt. Er habe gleichsam einen Teil seiner Familie verloren, sagt er, die Kollegin F. sei die „Mutter der Kanzlei“ gewesen. Und Anwalt Bernhard L., der Frau und zwei Kinder hinterlässt, habe schon als Referendar für ihn gearbeitet.

Ortswechsel: An der Derfflingerstraße in Rath ist Ruhe eingekehrt. Hier wohnte der mutmaßliche Mörder mit seiner Frau und Kindern seit vier Jahren. In der Etage darüber lebt Rentner Günter Franzke mit seiner Frau. „Ich bin heilfroh, dass wir noch leben“, sagt er. „T. war eine tickende Zeitbombe, ich hatte seit einem Jahr Angst vor ihm“, sagt er gegenüber der WZ und erzählt, wie es dazu kam: „Ich habe mich über seinen Lärm beschwert, auch bei der Wohnungsgenossenschaft, da hat er mich erst beschimpft und dann im letzten Sommer im Keller zusammengeschlagen — mit der Faust und mit einer Harke.“

Der Senior zeigte T. wegen gefährlicher Körperverletzung an, der bekam zehn Monate auf Bewährung. Jetzt hofft Franzke, dass er T. möglichst nicht mehr in Rath wiedersieht.