Kultur in Düsseldorf Ausstellung: Die kostbaren Gläser der Saufritter
Das Glasmuseum Hentrich im Ehrenhof zeigt mit der Sammlung Schicker erzählfreudige Bildgeschichten auf Gläsern aus Barock und Renaissance.
Düsseldorf. Die Mächtigen und die Reichen der Renaissance und des Barock müssen großen Durst gehabt haben, wenn man die Emailgläser im Glasmuseum Hentrich betrachtet. Bis zu 2,5 Liter Bier ging in so einen Humpen, den die Künstler in leuchtenden Farben und Schriften dekorierten. Doch die „Saufritter“ waren nicht nur hartgesotten, sondern auch ungehobelt.
Hatten sie beim „Zutrinken“ das Gefäß in einem Zug geleert, warfen sie den mühselig von Handwerkern dekorierten Becher hinter sich, so dass er zerschellte. Auf diese Weise gingen Abertausende von Gläsern zu Bruch. So viele Exemplare jedenfalls, dass die Sammlung von Hans-Jürgen Schicker mit 50 Exemplaren die einzige qualitätsvolle Kollektion dieser Art ist. Nun wird sie im Übergang vom Altbau in den Neubau unter Brekers Aurora im Museum Kunstpalast gezeigt.
Die Produktion von Emailgläsern ist kompliziert, sie hängt von pulverisierten Emailfarben und der Temperatur des Glases und seiner Glasfarbe ab, dennoch wurden sie von 1570 bis zur Erfindung des Schnittglases um 1720 in unvorstellbaren Mengen hergestellt. Und vernichtet. Bei einer Begegnung August des Starken mit Friedrich von Brandenburg sollen in einer einzigen Nacht zehntausend Gläser vernichtet worden sein. Die beiden Herren demonstrierten damit ihren Reichtum.
Was den Sammler Schicker an diesen Gläsern interessiert, ist weniger das Glas als die Malerei. Sie sind ein Spiegelbild der vormodernen Welt Mitteleuropas. Sie erzählen von Wappentieren und ihren Besitzern, von Kaisern, Königen und Aposteln, von Löwen und Adlern, edlen Rossen und Ochsen , aber auch von einem Fleischer, der mit dem Hackebeil dem angebundenen Ochsen den Garaus macht, oder von einem Jäger, der den vom Hund gebissenen Bären tötet.
Weltliche und religiöse Motive sind auf diesen Gläsern vereint, denn der Kaiser wurde zwar gewählt, aber seine Legitimation erhielt er durch Gottes Gnade. Der Leiter des Glasmuseums, Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, betont denn auch, das Kreuz sei kein Symbol der Religion gewesen, denn es gab keine Trennung. Gottes Gnade und das Christentum waren völlig unangefochten. Mitten im Dreißigjährigen Krieg kämpften zwar Protestanten gegen Katholiken, aber dennoch träumten beide Lager von der Einheit im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“.
Begehrt sind Ochsenkopfgläser. Der Ochsenkopf ist der zweithöchste Berg im Fichtelgebirge. Dort entspringen die Flüsse Main, Eger, Naab und Saale, weshalb das Gebirge als „teutsches Paradeis“ betrachtet wird. Die Malerei auf einem Glas von 1688 ist in kräftigen, satten Farben ausgeführt. Aus den abstrahierten Nadelbäumen springen Tiere hervor. Eine Kette in Blattgold auf dem ausgesparten Hintergrund hat die Jahrhunderte tadellos überstanden.
Böhmische Kurfürstenhumpen zeigen den deutschen Kaiser mit rotbraunem Mantel mit Zepter und Reichsapfel unter einem Baldachin, flankiert von geistlichen und weltlichen Würdenträgern. Es gibt Reichsadlerhumpen mit der Darstellung des Gekreuzigten, der bei den Malern des frühen 16. Jahrhunderts noch große Extremitäten und einen gedrungenen Körper mit Wespentaille hat.
Als Ausdruck eines erstarkenden Bürgertums sind die Handwerksmotive zu betrachten. Fleischer und Schwarzfärber, Zeugmacher und Wollkämmer pflegten sich auf den Humpen darzustellen. „Allen denen, so mich kennen, gebe Gott, was sie mir gönnen“ lautet einer der oftmals witzigen Trinksprüche.
August der Starke wurde 1694 Kurfürst von Sachen und 1697 König von Polen. Sein Name steht für die barocke Prachtentfaltung der Höfe in Dresden und Warschau. In seine Herrschaft fällt sowohl die Erfindung des europäischen Hartporzellans als auch die Einrichtung einer Kristallglashütte in Dresden im Jahr 1700. Unter seinem Wappen befinden sich Kriegsgerät und Trophäen.
Schicker spendierte dem Düsseldorfer Museum nicht nur den Katalog und den Katalogtext, sondern er hat sogar einen gewissen Anteil an der musealen Bildung seiner Nichte Daniela Antonin, die sich allerdings nicht für das Glas, sondern das Porzellan des Sachsenkönigs interessierte. Heute ist sie kommissarische Leiterin des Hetjens-Museums.