Wigald Boning kommt in die Düsseldorf Tonhalle Paradiesvogel zu sein, ist „eine feine Sache“

düsseldorf · Bei „Boning geht ins Konzert“ hat der sportbegeisterte Comedian und Grenzgänger an diesem Sonntag seinen ersten Auftritt in der Tonhalle. Seine Querflöte bringt er mit.

Seit fast eineinhalb Jahren geht Wigald Boning jeden Tag irgendwo draußen schwimmen.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Das sonntägliche Konzertformat in der Tonhalle wird künftig noch bunter. Der in dieser Saison neu verpflichtete Kabarettist Florian Schroeder bekommt Gesellschaft von dem schillernden Comedian Wigald Boning. An diesem Sonntag hat er bei „Boning geht ins Konzert“ seinen ersten Auftritt als Moderator.

Ein Mann, der im Fernsehen schon so gut wie alles Lustige und Launige gemacht und ausprobiert hat, angefangen bei der Show „RTL Samstag Nacht“. Nur wird der Spaßvogel im Reich der Unterhaltung selten mit klassischer Musik in Verbindung gebracht. Erst recht, seitdem er mit Olli Dittrich als Duo „Die Doofen“ Nonsens-Schlager der schlichten Art ins deutsche Gehör schmuggelte – und damit riesige Erfolge feierte. Wer jedoch ein bisschen tiefer bohrt, spürt Boning immerhin als Moderator der 3sat-Reihe „Rock the Classic“ auf. Grenzgänge scheint er zu mögen.

Wie aber sieht es aus mit seinem Bezug zur hehren Klassik? „Ich habe früh mit dem Klavierspiel angefangen, meine Mutter war Klavierlehrerin“, lässt er wissen. Ambitionen in diesem Bereich spürte er nie. Lieber schloss er sich als Jugendlicher einer Punk-Jazz-Band an, veröffentlichte später auch eigene Jazzplatten. Auf „Jet Set Jazz“ spielt er elf Bla­sinstrumente. Beherrscht er die wirklich alle? „Na ja“, wiegelt er ab, „Querflöte und Saxofon gut, andere weniger virtuos.“ Über die Anfrage aus Düsseldorf habe er sich über die Maßen gefreut, sagt Boning. „Es ist immer schön, wenn ich mit klassischer Musik punkten kann, weil ich doch mit einer Opernsängerin verheiratet bin. In unserem Haushalt treffen zwei Soziotope zusammen.“ Sicher werde er sich von seiner Frau noch einige Tipps für die Konzertreihe abholen: „Als ich sie kennenlernte, wollte ich die Paarwerdung beschleunigen, um mich als Klavierbegleiter anzudienen. Jahrelang habe ich sehr viel geübt.“ In die Tonhalle werde er seine Querflöte mitbringen, kündigt Boning an: „Was ich damit anstelle, weiß ich noch nicht.“ Seine musikalischen Partner sind das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung des Pianisten und Dirigenten Frank Dupree. Auf dem Programm stehen Nikolai Kapustins 4. Klavierkonzert Op. 56 und Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ in einer Bearbeitung für kleines Orchester und Jazztrio, besetzt mit Frank Dupree am Klavier, Jakob Krupp am Kontrabass und Meinhard „Obi“ Jenne am Schlagzeug.

Beim Gespräch wenige Tage vor dem Konzert feilte Boning noch an seiner Moderation. Auch müsse er sich erst in Mussorgski einlesen, der ihm nicht sehr vertraut sei. Ob er denn schon wisse, was er anzieht? Einen Moment stutzt er und lacht. „Überhaupt noch nicht! Sauber und verkehrssicher muss es sein. Und ein paar bunte Farben werden nicht schaden.“ Ist es schmeichelhaft, ihn als Paradiesvogel zu bezeichnen? „Eine feine Sache“, stimmt er zu: „Besser, als wenn man sagt, da kommt die graue Maus.“

In seinem Haus am Ammersee hat er eine umfangreiche Kleidersammlung zusammengetragen. Erste Stücke stammten aus dem Kostümfundus von „Samstag Nacht“, später kaufte er kiloweise Secondhand-Klamotten. „Manches finde ich auf Reisen“, berichtet er: „Vor Jahren war ich in Georgien. In Tiflis boten ältere Damen am Straßenrand Socken feil, kunstvoll gestrickt und mit interessanten Mustern. Die trage ich noch heute.“ Mit seiner schrillen Kostümierung erwerbe er sich eine gewisse Narrenfreiheit: „Ich muss mich nicht auf seriös trimmen. Ich bin ein Gaukler. Fahrendes Volk.“

Aber auch ein extrem disziplinierter Sportler. Boning hat ein Jahr jede Woche einen Marathonlauf bewältigt, fuhr 200 Tage hintereinander Fahrrad auf die harte Tour, überquerte im Faltrad die Alpen. Seine Erlebnisse hielt er in Büchern fest. Sein jüngstes Werk heißt „Herr Boning geht baden“. Ein Jahr lang, so sein Vorsatz, wollte er täglich ins Wasser springen, wo immer er auch war. Darunter waren so abenteuerliche Gewässer wie das Regenrückhaltebecken auf dem Flughafen Hannover, eine modrige Grube in Thailand, ein derart flacher Elbarm bei Magdeburg, dass er mit dem Bauch aufsetzte. Die Königsklasse: sein Tauchgang im Eisloch eines zugefrorenen Sees.

„Ich badete auch schon in Düsseldorf“, erzählt er: „In einem Hotel im Medienhafen konnte ich nicht schlafen. Es war Hochwasser, das reizte mich. Im Bademantel und mit Badekappe marschierte ich an dem verstörten Portier vorbei Richtung Rhein. Der Uferweg war überschwemmt, wie eine Art Nichtschwimmerbecken. Das genügte mir in dieser Nacht.“

Längst ist Boning über die geplanten 365 Tage hinweggeschwommen und bei mehr als 500 angelangt. Was bedeutet ihm der Sport? „Ich mache es mir und meinen Lieben leichter, wenn ich mich an der frischen Luft bewege“, erklärt er: „Sport ist für mich Lebensqualität, auf die ich ungern verzichten möchte.“ Aber warum diese extremen Erfahrungen? „Auch das hat wieder mit Grenzgängen zu tun“, sagt Boning, der am 20. Januar 57 Jahre alt wird: „Man gelangt in einen Bereich, in dem starke Erschöpfung mit starker Albernheit ringt. Und weil man so kaputt ist, fängt man an zu lachen.“