Interview „Die Düsseldorfer meinen es gut mit mir“
Wenn Moritz Führmann Schneider Wibbel oder Felix Krull spielt, sind die Vorstellungen ausverkauft. Als Nächstes stellt er sich Gustaf Gründgens.
Düsseldorf. Doppelter Espresso mit Süßstoff und eine große Flasche Wasser — das braucht Moritz Führmann vor seiner letzten Vorstellung: noch einmal der „Sommernachtstraum“. Dann Pause. Urlaub machen. Durchatmen. Mit seinen Söhnen fährt der 36-Jährige nach Sardinien, seine Frau Anna Schudt steht als „Tatort“-Kommissarin noch vor der Kamera. Sie reist hinterher. Spricht der seit 2009 zum Ensemble zählende Schauspieler über seine nächsten Rollen, ist alle Erschöpfung verflogen. Leidenschaftlich bekennt er sich zu Düsseldorf und zum Schauspielhaus.
Als Schneider Wibbel haben Sie sich 2011 in die Herzen vieler Düsseldorfer gespielt. Im August gibt es eine Neuauflage im Savoy Theater. Wir kommt es dazu?
Führmann: Meine Kollegin Claudia Hübbecker und ich haben immer gesagt: Wir müssen das noch einmal machen. Dann haben wir es bei einem Freund im Wyno, einem Lokal in Oberkassel, gespielt. Der Laden war rammelvoll. Und jetzt gibt es das im August im Savoy-Theater — mit dem Wolfi Reinbacher als Autor dieses Stückes: Hans Müller-Schlösser!
Für Sie war diese Rolle ein erstes Heimspiel, für das Sie sogar den Dialekt gelernt haben.
Führmann: Wir haben das 20 Mal gespielt und es war 20 Mal ausverkauft. Die Leute haben mitgesungen — super.
Jetzt bekommen Sie auch noch den Förderpreis der Stadt.
Führmann: Wahnsinn oder?
Meint es Düsseldorf gut mit Ihnen?
Führmann: Die Düsseldorfer meinen es gut mit mir. Die meinen es eigentlich auch mit dem Theater gut. Auch wenn immer so geklagt wird, das sei hier so schwierig. Die Düsseldorfer haben ein großes Angebot. Wir haben Deutschlands bestes Ballett in der Stadt, die Oper brummt mit Kassenknallern wie der „Zauberflöte“. Es gibt die Museen. Wenn man dann nicht auf der Höhe des Geschehens mitkämpft, ist es schwierig.
Seit 2009 sind Sie am Schauspielhaus engagiert. Die Besucherzahlen steigen nach langer Krise langsam. Wie fühlt sich das an?
Führmann: Der Christof Seeger-Zurmühlen hat als Leiter des Jungen Schauspielhauses da einen Riesen-Anteil. Viele Vorstellungen dort sind ausverkauft. Da freut man sich mit und kann ganz schön neidisch werden.
Sie haben am Gründgens-Platz andere Erfahrungen gemacht.
Führmann: Bei manchen Vorstellungen vor 80 Leuten im Großen Haus war das gar nicht so einfach. Vom Binnenklima her ist der Frust aber total weg. Es haben sich neue Formate entwickelt — wie im Keller etwa unser „Hastenichtgesehen“. Das ist einfach geil, und das Publikum ist neugierig und kommt.
Wie beurteilen Sie das Angebot des Schauspielhauses?
Führmann: Ich habe etwa „3D“ geguckt, „Am Boden“ mit Louisa Stroux, oder „März, ein Künstlerleben“ — wir haben wirklich super Aufführungen. Wenn es jetzt nicht funktioniert, ist man auch ein bisschen verzweifelt.
Sie haben in sechs Jahren vier Intendanten erlebt: Niermeyer, Holm, Weber und Beelitz. Und jetzt?
Führmann: Jetzt freut man sich total, dass es aufwärts geht und natürlich auf den Wilfried Schulz. Da kommt jemand, der Power mitbringt und das ist super. Der Umzug zum Ende des Jahres ist natürlich erstmal wieder eine große Herausforderung.
Es geht wegen des Umbaus ins Central am Hauptbahnhof. Spielen Sie dort gern?
Führmann: Wir haben das coolste Probenzentrum der Republik. Wir müssen nur begreifen, dass das ein cooler Ort ist, die fantastischen Möglichkeiten dort ausschöpfen und das Publikum mitnehmen.
Wie behalten Sie Ihre Lust?
Führmann: Es ist schon hart. Aber zurück zu dem, dass der Düsseldorfer es gut mit einem meint: Ganz oft funktioniert die Vernetzung auf der persönlichen Ebene. Ich habe am Heine-Institut gelesen, mit meiner Frau Anna Schudt gab es eine Lesung für die Theatergemeinde. Wir spielen in der Kneipe, jetzt im Savoy. Wir gehen in die Schulen und zeigen uns. Ich sage so sehr Ja zu Düsseldorf, und das kommt zurück.
In der nächsten Spielzeit stehen Sie als Hendrik Höfgen aus Klaus Manns Roman „Mephisto“ auf der Bühne. Würden Sie sagen, Sie spielen Gustaf Gründgens?
Führmann: Aus Selbstschutz würde ich immer sagen, ich spiele meine Fantasie von dieser Figur. Gründgens war ein wahnsinnig guter Schauspieler, eine Geste von ihm und alles ist explodiert. Das Stück wird eine Roman-Adaption, das ist also alles Klaus Mann und keine reine Auseinandersetzung mit der historischen Figur Gründgens.
Ihren großartigen Felix Krull wird es wieder geben oder?
Führmann: Ich habe 49 Vorstellungen gespielt, da werde ich die 50. hoffentlich auch noch erleben.
Was lieben Sie an Thomas Mann?
Führmann: Mann schreibt mit so einem feinen Humor. „Sie ließ sich mit mir in dem erleuchteten Schwebestübchen einschließen“ aus Felix Krull als Bezeichnung für einen Aufzug — wenn jemand einem so viel Sprachgefühl zur Verfügung stellt, dann ist man als Schauspieler total dankbar und beutet das aus.
Welche Rolle spielt in Ihrem Leben der „Tatort“?
Führmann: Im Moment die Hauptrolle. Seit drei Tagen dreht meine Frau wieder und hat wahnsinnig viel zu tun. Es war witzig, als ich dort als Staatsanwalt auftreten durfte. Das wusste sie vorher gar nicht und war völlig überrascht, als ich das gleiche Drehbuch bekam. Dann sind wir mal wieder zusammen zur Arbeit gefahren, das war sehr schön.