Ein Abschied: Ein politischer Dichter mit Ecken und Kanten
Peter Maiwald wollte keine Trauerfeier – seine Gedichte sollen an ihn erinnern.
Düsseldorf. Am 1. Dezember, kurz nach seinem 62. Geburtstag, ist der Düsseldorfer Lyriker Peter Maiwald gestorben. Anstelle einer Trauerfeier wollte er durch seine Gedichte in Erinnerung bleiben. Peter Maiwald war immer ein Dichter mit Ecken und Kanten.
Ein Dichter der Vorstadt. Immer wieder ein Lyriker des stillen Protests. Wie in "Kinderwunsch": Ich möchte ein Bild sein,/ sehr alt und sehr teuer./ Wenn dann ein Krieg ist/ und lange kein Sieg ist/ dann schützt man mich vor Bomben und Feuer. (aus: Die Leute von der Annostraße, 1979).
Wiederkehrend bei Maiwald auch das Thema "Die Liebenden": Wir machen Karneval./ Wir haben uns verkleidet./ Ich steck in deiner Haut./ Du steckst in meiner Haut./ Wir spüren wer wen leidet./ Wir haben uns mal leid./ Wir können uns gut leiden./ Ich steck in deiner Haut./ Du steckst in meiner Haut./ Wir haben was von beiden. (aus: Balladen von Samstag auf Sonntag, 1984). Es ist auch dieser Gedichtband, der den gebürtigen Baden-Württemberger bekannt gemacht hat. Marcel Reich-Ranicki, damals Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nannte das Büchlein "ein Ereignis".
Seine Schriftstellerlaufbahn begann Maiwald 1968 nach einem abgebrochenen Studium in München. Schnell war er als politisch engagierter Arbeiterdichter abgestempelt. Schon einer der ersten Lyrikbände des DKP-Mitglieds erschien unter dem Titel "Geschichten vom Arbeiter B."
1984 wurde Maiwald aus der DKP ausgeschlossen. Anlass waren seine Beiträge für die Monatszeitschrift "Düsseldorfer Debatten", die sich als kritisches Blatt für Politik, Kunst und Wissenschaften verstand. Aus Sicht der DKP hatte sich Maiwald zu kritisch gegenüber Moskau und der DDR geäußert.
Maiwald war ein politischer Mensch, sah sich selbst aber nicht als politischen Autor. Er schrieb Kurzprosa, Hörspiele, Drehbücher, Reportagen und Texte fürs Kabarett - unter anderem für das Düsseldorfer Kom(m)ödchen. Dennoch konnte er sich selbst bis zuletzt nicht verleugnen. Sein jüngstes Gedicht lautet "Ballade (vom kleinen Mann)":
Das ist die Geschichte vom kleinen Mann/dem man allerhand antuen kann.// Erst nimmt man ihm den kleinen Zeh./ Es schreit der Mann: Es tut nicht weh!// Dann nimmt man ihm den Rest der Zehen./ Der Mann ruft: Au! Ich kann noch gehen.// Dann nimmt man ihm das linke Bein./ Das rechte meistert Stock und Stein.// Dann nimmt man ihm die eine Hand./ Schaut, was ich mit der andern fand!// Dann bringt man ihn um Kopf und Kragen./ Nun kann der Mann gar nichts mehr sagen.// Dann nimmt man ihm das Haus und Dach./ Nun liegt der Mann im Regen flach.// Da nimmt man ihn zur Polizei./ Da liegt der Mann (nicht gitterfrei)//. Dann bringt die Kirche eine Suppe./ Die Wohlfahrt schenkt im eine Puppe.// Der kleine Mann ist ganz verstört. Die Puppe singt: Ihr Völker, hört...
Peter Maiwald war lange Zeit krank. Er konnte sich auf seinen Tod vorbereiten, den er in einem Text direkt anspricht. Es spricht eine Weisheit aus den Zeilen, die sich vor dem Sterben nicht fürchtet. Das Sterben weiß vom Leben. Bei Maiwald war es auch umgekehrt. In "Mein Tod" heißt es: Ich hab dem Tod ins Aug geblickt./ Er nahm mich wahr. Er hat genickt./ Ich hab dem Tode mich gezeigt./ Er hat gelacht. Er hat gegeigt./ Ich hielt dem Tod mein Leben vor./ Er kannt’ es, öffnete das Tor.