Ein Tanzstück über den Kampf der Frauen
Förderpreisträgerin Maura Morales stellt ihr neues Werk vor. Der Erfolg ihrer Kunst fußt auf dem Gleichklang mit ihrem Ehemann.
Düsseldorf. Es gibt Liebesgeschichten, deren Romantik sich nicht aufbraucht. Das ist der Fall, wenn es zwei Menschen gelingt zu bewahren, woraus ihre Beziehung erwachsen ist: Respekt für einander, Bewunderung und eine gewisse Vernarrtheit, die von Herzen kommt. Solch ein Zustand kann kreative Käfte freisetzen. Als der Musiker Michio die Kubanerin Maura Morales 1996 in Wien auf der Bühne tanzen sieht, fühlt er sich sogleich zu ihr hingezogen. Mit Freunden gehen sie nach der Vorstellung aus und kommen einander näher. Sie heiraten, und längst arbeiten sie auch zusammen. Gerade haben sie ein neues Stück auf die Bühne gebracht, „Sisyphus war eine Frau“, das Freitag und Samstag im FFT zu sehen ist.
Es geht um den unermüdlichen Kampf der Frauen um Gleichberechtigung, um das Recht aufs Altern, um Körperlichkeit. Das klingt nach „schon hundertmal gesehen“, was Morales und Michio bewusst ist. „Ein Thema wird rasch als Klischee bezeichnet, weil man dauernd darüber redet“, sagt Morales. „Aber existent ist es ja dennoch, der Kampf um Gleichberechtigung dauert im 21. Jahrhundert an.“
Das, wofür Sisyphus steht, sagte Morales zunächst wenig. „Ich wusste nicht, dass es im Deutschen eine Begriff für sinnlose Arbeit gibt.“ Die Tänzerin und Choreografin stammt aus Kuba. Mit sechs Jahren wird sie unter 300 Teilnehmern für ein Ballettinternat ausgewählt. Ihre Mutter ist dagegen, doch die Tochter setzt sich durch.
Zeitgleich mit ihrem ersten Engagement beginnt sie, mit einer Theatergruppe experimentell zu arbeiten. „Plötzlich spürte ich, dass ich mit dem Ballett nicht ausdrücken konnte, was ich zu sagen hatte“, sagt Morales. „Beim Ballett ist man in einer anderen Welt. In der Luft. Ich aber brauchte und brauche die Anbindung an die Erde.“ Zumal sie die politische Situation in Kuba und die Enge, die damit für den einzelnen Menschen einher ging, klarer sah. Stillhalten kann sie seither nicht mehr. Ihr letztes Tanzstück etwa, „Don Nadie, Herr Niemand“, hat Obdachlosigkeit zum Thema.
„Uns interessieren gesellschaftspolitische Aspekte“, erklärt Michio. „Wir kanalisieren die damit verbundenen Gefühlen und machen daraus Kunst.“ Für ihr Schaffen wurde die Cooperativa Maura Morales mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2014 mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf und 2013 mit dem Kurt-Jooss-Preis.
Das gemeinsame Arbeiten klappt gut zwischen den Eheleuten, das spürt man gleich. Sie stehen einander nicht im Weg, weil sie so herrlich uneitel sind. „Es hat bei uns sofort funktioniert, weil klar ist, wer der Chef ist“, sagt Michio. „Maura leitet die Compagnie, ich bin der Komponist, also, wenn man so will, ein Dienstleister.“