Farin Urlaub: Punkrocker und Perfektionist
Der Blödsinn bleibt bei Farin Urlaubs neuer Tour auf der Strecke. In der Philipshalle zeigte er sich aber als ordentlicher Rocker.
Düsseldorf. Farin Urlaub steht vor dem Mikro, sein Racing Team sorgt mit Tanz und Trompete für Stimmung, die Fans springen und singen - nur einer fehlt in dieser trauten Atmosphäre zum Tourauftakt in der Philipshalle: Wo ist bloß der Blödsinn geblieben? Der 45-jährige Musiker scheint seinen Bühnen-Schatten lieber bei Bela und Rod gelassen zu haben - denn die jüngste Tour mit seiner Band Die Ärzte konnte man schon beinahe Comedy-Punk nennen.
Deshalb tauschten sich die Düsseldorfer Fans Donnerstag Nacht noch verwirrt im Online-Gästebuch von Farina Urlaub (FU) aus: "Fandet Ihr nicht, dass FU verhalten drauf war? Gar nicht laut, keine Sprüche..." Antwort: "Ja. Vom Singen her war das Konzert geil wie immer. Aber es fehlte da echt was ... heute war es komisch!"
Dafür gab’s rundum gelungenen Sound. Das Racing Team ergänzt den nüchtern-geradlinigen Stil von Farin perfekt, die vier Ladies, die im Background singen, stehen mit Flamenco-ähnlichen Kleidern auf einem Podest und haben sich niedliche Choreografien zu Textzeilen wie "Es schwimmt eine Leiche im Teich" ausgedacht. Sie können aber auch ordentlich rocken und Farin Kontra geben - der damit droht, sie rauszuschmeißen. Das parieren die Mädels mit einem artigen, einstimmigen "Du tanzt so schön!" Dann ist wieder alles gut.
Die Anspannung beim ersten Konzert der Tour merkt man Perfektionist Farin an, als er mit dem Sound einer Gitarre nicht zufrieden ist. Er lässt sein Racing Team auf der Bühne alleine und will die Sache klären. Etwas verloren ruft Sängerin Annette in die Menge: "Ich frag dann mal: Seid Ihr gut drauf?" Die Masse jubelt und klatscht so lange, bis Farin zurückkommt. Punkrock-Fans sind eben höflich. Ein Höhepunkt des zweistündigen Konzerts ist der neue Song "Insel", bei dem das Farin Urlaub Racing Team vor Trommeln steht und in komplizierter Schlagfolge Stimmung macht.
Da sieht man einmal mehr, dass perfekte Musiker auf der Bühne stehen, die deutlich mehr als harte Bässe zu bieten haben. Aber auch die gehören natürlich zu einem Punkrock-Konzert. Als Farin den Song "10" ankündigt, setzen sich die Fans im Innenraum schon voller Vorfreude gemeinschaftlich auf den Boden und warten brav bis Farin singt: "Ich zähl bis zehn/ und dann will ich euch springen seh’n." Sekunden später bebt die Philipshalle. Und den Blödsinn vermisst plötzlich niemand mehr.