Forum Freies Theater: Comic-Ästheten im Kampf gegen die Zeit
Das Duo Half past selber schuld feiert am Mittwoch im FFT Premiere mit den neuen Stück „Die Weltmenschen erobern die Welt“.
Düsseldorf. Es sind wieder jene Tage angebrochen, an denen sie vergessen zu essen. Und auch schlafen ist nur ein lästiges Bedürfnis, das unwiederbringliche Zeit frisst. Zwölf Stunden am Tag proben Ilanit Magarshak-Riegg und ihr Partner, dem an diesem Morgen sein Pseudonym Sir ladybug beetle besser gefällt als der profan-deutsche Name, der im Ausweis steht. „Er klingt schöner“, befindet der 44-Jährige. Ungeschminkt wollen sich beide nicht öffentlich zeigen. „Das haben wir vielleicht zweimal gemacht“, sagt die 40-Jährige mit schwarzer Wollmütze, die im Sitzen ihr rechtes Bein auf den Stuhl zieht und an ihrem Schuh nestelt, während sie spricht. „Aber man sieht nichts, das sind nur zwei Leute. Das hat nichts damit zu tun, was wir machen.“
Sie wollen Figuren sein. Mit Inszenierungen wie „Barfuß durch Hiroshima“ erregten sie Aufsehen in den deutschen Feuilletons indem es ihnen gelang, einen Comic auf die Theaterbühne zu bringen. Am Mittwochabend feiert ihr neues Stück „Die Weltmenschen erobern die Welt“ (20 Uhr) Premiere in den Kammerspielen des FFT.
Womit das Duo Half past selber schuld wieder bei der Zeit angelangt ist. „Das Stück ist noch nicht fertig“, sagt Magarshak-Riegg. Tag für Tag werden bei den Proben neue Ideen eingewebt. „Es ist egal wie viel Zeit man hat, am Ende hätte man gerne einen Monat mehr gehabt.“ Für Plauderei bleibt deshalb keine Zeit.
Einen Interviewtermin zu finden, ist fast so aufwändig wie die Requisiten, die detailverliebt für jedes Stück der beiden gebastelt werden. „Oft passen die Relation von Idee und Händen, die zur Verfügung stehen nicht zusammen“, erzählt die 40-Jährige. Etwa wenn ein Löffel vorbei schweben soll, werde eine Hand gebraucht, doch die sind schnell vergeben. Derzeit besteht das Bühnenteam aus elf Leuten. „Jeder, der da ist, wird benutzt, niemand hat jemals leere Hände.“
In den 90er Jahren hat sich das Duo in Heilbronn kennengelernt. In Düsseldorf trafen sie sich wieder, gründeten 1998 Half past selber schuld und entwickelten den Bühnencomic. „Wenn ich was lese, brauche ich Bilder dazu“, sagt Sir ladybug beetle. So entstand die Idee. Das Schreiben von Stücken sei „die perfekte Demokratie“, formuliert er. „Wir schreiben beide, spielen dann ein bisschen Ping-Pong und setzen die besten Teile zusammen“, ergänzt Magarshak-Riegg. Dieses Mal ist eine „knallige Comicrevue“ daraus entstanden — eine „metaphorische Utopie über die Veränderung der Gesellschaft“. Und wer das sehen möchte, sollte es machen, noch bevor der größte Wunsch der beiden in Erfüllung geht - „’ne Runde Schlaf “ — bevor es weitergeht.