Kunst Ein Brunnenspektakel im Südpark
Düsseldorf · Kunst im öffentlichen Raum: Wasa Marjanov lässt das Wasser hopsen, spritzen, schießen und sprudeln.
Das waren noch Zeiten, als die Kunstakademie mit der Baukunst ernst machte und danach trachtete, bildende Kunst und Architektur konkret am Standort Düsseldorf zu verbinden. Die gesamte Riege der Bildhauer und Architekten unter den Professoren machte 1987 zur Bundesgartenschau im Südpark mit und lud ihre besten Ex-Studenten zur Teilnahme ein. Einer von ihnen war Wasa Marjanov, der bis 1984 bei Christian Megert studiert hatte und sein Tutor war. Im Buga-Gelände gleich hinter der Siegburger Straße feiert er mit seinem raffiniert sprudelnden und spritzenden Brunnen noch heute Triumphe.
Man steige an der Haltestelle Provinzialplatz der U 77, 74 und 79 aus und folge dem Schild Café Deichgraf. Der Deichgraf liegt zwar in bester Lage, könnte ein wunderbares Sommercafé sein, doch firmiert als Event-Location und ist daher die meiste Zeit des Jahres geschlossen. Man sollte den Standort trotzdem aufsuchen, denn dort steht Marjanovs Brunnen. Wie eine konstruktivistische oder postmoderne Skulptur sieht die Anlage aus, die dem Publikum viel Vergnügen bereitet. „Siphon“ nennt er die Arbeit. Der Titel verweist darauf, dass das Wasser über ein spezielles Rohrleitungssystem immer wieder hochgepumpt wird und spritzt.
Als erstes fällt ein großes rundes Becken auf, mit Brunnenschalen aus Beton. Es hat einen Durchmesser von 12,8 Meter. Dieses Maß verweist auf den Durchmesser der Erde, der allerdings in Kilometern gerechnet ist. In dieses flache Becken schießt aus zwölf Düsen vom Zentrum aus das Wasser an den Rand und sorgt für eine gleichmäßige Bewegtheit der Wasseroberfläche.
Der Pfiff aber liegt im Ableiten des Wassers aus diversen Aufbauten in unterschiedlicher Höhe. Das Rückgrat bildet ein schräger Turm mit runden Plattformen. Sie verjüngen sich, werden zur Höhe hin kleiner. In der zweiten Schüssel steht eine schräge Halbschale, die das Wasser abrutschen lässt. Von der dritten Schale hoppelt das Wasser über eine Treppe nach unten ins Becken. Kurz vor der Spitze läuft es über eine kleine, schräg gestellte Halbschale. Von all diesen flachen Becken und von der Treppe purzelt es in unterschiedlicher Geschwindigkeit herab. Es gibt auch eine Bogenarchitektur, aus der es regnet. Der Bogen landet auf einer schrägen Ebene, die das Wasser rutschen lässt.
Als sei das noch nicht genug, setzt Marjanov eine Art Wasserteufel ein, der aus einer simplen Düse das Wasser unter starkem Druck emporschießen lässt. Es ist die einzige Quelle mit gegenläufiger Wasserrichtung. Die übrigen Spiralen, Treppen und Bahnen lassen das Wasser direkt nach unten abfließen. Aus dem kecken Wasserteufel aber fließt es in hohem Bogen über dem Turmaufbau hinweg. Der Betrachter kann gar nicht so schnell gucken, wie es in einer verwirrenden Gleichzeitigkeit an den unterschiedlichen Stellen spritzt, gluckst, wirbelt und rinnt.
Der Brunnen besteht aus Nirosta-Stahl, er rostet also nicht. Er ist Teil der gemeinsamen Wasserachse, die Marjanov mit seinem ehemaligen Lehrer Megert gestaltet hat. Am nördlichen Ende befindet sich "Quelle 1" von Megert, der Brunnen von Marjanov markiert das südliche Ende. Beide Brunnen werden von Grundwasser gespeist, das in steinern gefassten Rinnen aufgefangen wird. Beide Brunnen leiten es zur „Wasserharfe“ in der Mitte, wo beide Zuflüsse in einem Biotop zusammenkommen.
„Die Arbeiten von Marjanov verbinden cartesianische Klarheit mit spielerischer Leichtigkeit'“, lobte der einstige Leiter der Kunstsammlung, Armin Zweite. Spiel und Ironie, geometrisch-abstrakte Konstruktion und utopische Modellhaftigkeit sind Marjanovs Skulpturen und Installationen eigen. Der Bildhauer machte bei der renommierten Brunnenmeile in Duisburg mit, wo er sich gegen Stars wie Niki de Saint Phalle behauptet. 1989 schuf er für ein Krankenhaus in Lingen einen Brunnen, den er aus einem Äskulapstab entwickelte. Skulpturen aus Stein stehen in Neuss, Rheinberg, Krefeld und in Düsseldorfer Privatsammlungen. Im Augenblick entwickelt er drei Grazien für einen See in Schloss Dilborn in Brüggen.
Zu seiner Vita: Marjanov, Jahrgang 1947, ist der Sohn einer Donauschwabin aus dem ehemaligen Jugoslawien. Über den zweiten Bildungsweg machte der eine Lehre als Maschinenschlosser, studierte Maschinenbau, arbeitete bei Daimler, tauschte 1976 seinen Mercedes gegen einen 2CV ein und studierte bis 1984 bei Christian Megert. Er liebt eine Formensprache, die ans Bauhaus, den russischen Konstruktivismus oder die französische Revolutionsarchitektur erinnert. In seinem „Hannover-Projekt“ wie dem für Duisburg setzte er sich sehr genau mit der Stadt und ihrer Geschichte auseinander. Der Wirkung auf das Publikum kann er sich dabei stets sicher sein.
Er ist sich aber auch nicht zu schade, 20 aufklappbare Theaterkisten zu erzeugen, in denen sich Bühnen- und Zuschauerräume verbergen. „Theatron“ ist ein Welttheater im Kleinen.