Gruppenausstellung Golestani entdeckt Düsseldorfer Farbkünstler

Düsseldorf · Florian Bittner, Hanna Kuster und Stefan Theissen werden am neuen Standort des Galeristen an der Ulmenstraße in Derendorf präsentiert.

Der Galerist Roozbeh Golestani (links) neben Hanna Kuster und Stefan Theissen vor einem Bild Kusters.

Foto: Helga Meister

Die neuen Räume von Roozbeh Golestani liegen an der Ulmenstraße 38 und empfangen ihr Licht sowohl über das Schaufenster als auch vom Hof. Das ist wichtig für einen Galeristen, der sich der Farbe verschrieben hat. Nur ein Raum bleibt fensterlos, dort stellt Florian Bittner aus, der interessanteste Künstler einer Gruppenausstellung am neuen Ort. Er zeigt Fotos, die so malerisch sind, dass man seinen eigenen Augen nicht traut. Obwohl es sich um Aufnahmen aus dem Außenraum handelt, wirken sie abstrahiert. Man muss lange vor ihnen verweilen, ehe man diese Bilder durchschaut.

Seit 2012 studierte er an der Düsseldorfer Akademie, die ersten vier Jahre bei Marcel Odenbach. Weil er parallel dazu die Kolloquien von Siegfried Anzinger besuchte, fragte ihn der Malereiprofessor, ob er in seine Klasse wolle. Eigentlich eine verwunderliche Frage für jemanden, der mit der Kamera arbeitet. Doch Anzinger war genau das Richtige für ihn, hier konnte er seine malerische Fotografie frei entfalten. Inzwischen ist er Meisterschüler. Sein Motiv, in der Mitte des Ausstellungsraums, besteht aus farbigen Neonlampen in den Bäumen, wie er sie in der Dunkelheit beobachtet hat. Erst beim Nähertreten entfaltet die fotografierte Dunkelheit ihre Faszinationskraft. Sie ist nämlich nicht dunkel, schon gar nicht schwarz, sondern voller Farben. Ein Farbfeld aus unzähligen Pixeln ist es, aber ergibt kein verpixteltes Bild, wie Thomas Ruff es liebt. Die Pixel wirken klar wie Farbpigmente, die wie Perlen nebeneinander liegen.

Bittner analysiert genau das Licht, bevor er ein Bild „schießt“. Am liebsten sind ihm Situationen in der Dämmerung, in der flimmernden Hitze, in der anbrechenden Nacht. Schon bei einer geringen Vergrößerung einer Aufnahme kann sich dann ein gewisses Bildrauschen zeigen, ein Fotorauschen, wie er es nennt. Ein Technikfreak unter den Fotografen würde alles tun, um diese Störsignale beim Bildsensor zu vermeiden und die Unschärfe zu korrigieren. Bittner tut es nicht. Im Gegenteil, er arbeitet damit. Seine Aufnahmen machen den Eindruck, als belasse er jedem Pixel sein eigenes Phototen, so dass die Pixel zu differierenden Lichtträgern werden. Das Besondere: Jeder einzelne Punkt, den das diffuse Licht hervorbringt, wirkt klar und zugleich farbig.

Während die Maler ihre Farben analysieren, bevor sie sie auf die Leinwand bringen, tut er es mit den einzelnen lichtempfindlichen Elementen. Der Betrachter ist erstaunt, wie differenziert die einzelnen Pixel wirken, wenn man sie eben nicht zusammenzieht, auch nicht verunklärt. Der Fehler in der Bildqualität wird in Bittners künstlerischer Gestaltung zu einem optischen Vergnügen.

Der Zweite in der Ausstellung an der Ulmenstraße ist Stefan Theissen. Er hat sich viel Zeit gelassen, um der Farbe auf die Spur zu kommen. Er ließ sich zum Glas- und Porzellanmaler ausbilden und studierte in Arnheim Grafikdesign, um ein volles Malereistudium bei TAL R an der Kunstakademie Düsseldorf folgen zu lassen, bevor er 2013 seinen Akademiebrief erhielt und Meisterschüler wurde. Er ist auf jedes einzelne Pigment-Partikel erpicht und hat diverse ungewöhnliche Techniken entwickelt. Da ist einerseits die noch feuchte, grundierte Leinwand, auf die er schmale Streifen zum Abdecken legt, bevor er sich mit einem Sieb voller Pigmenten über den feuchten Grund beugt und anfängt zu sieben und zu schleudern. Pigmenthäufchen und Pigmentverläufe entstehen. Mit dem Kreidestift wird ins Bild gezeichnet, wobei die Kreide über die Leinwand und die darunter liegenden Farbschichten rumpelt. Schließlich wird, wenn alles getrocknet ist, die offene Farbe mit transparentem Acrylbinder versiegelt.

Es kann aber auch sein, dass Theissen eine ausrangierte Gardine auf den Boden legt, die Pigmente siebt oder schleudert und schließlich die feucht grundierte Leinwand in die strukturierten Gardinen-Pigmente drückt, also die Farbe im Abklatschverfahren auf seine Oberfläche holt. Zuweilen werden die Pigmente anschließend noch verwischt, so dass es sehr feine Übergänge gibt. Der Künstler möchte die Wirkung der Farbe so rein wie möglich haben.

Dritte im Bunde ist Hanna Kuster. Sie ist noch Studentin, hat bislang zwei Semester bei Anzinger und vier Semester bei Tomma Abts studiert. Sie pfeift auf die Perspektive, obwohl sie alles tut, damit der Betrachter durch Bögen hindurch auf die nächste Malschicht schaut. Manche Passage wirkt wie Graffiti, wenn sie Richtungspfeiler sprayt, Strukturen und Zeichen setzt, von Form zu Form springt und dabei spontan auf die einmal gesetzte Farbe mit der nächsten Farbe reagiert.

Typisch ist ihr jüngstes Hochformat. Es besteht aus zwei Torbögen, die wie Papierausschnitte wirken, also völlig körperlos bleiben. Der Raum dahinter zeigt zwar eine windschiefe Fläche, die von einem kindlich-naiven Zaun bekrönt wird, aber das Bild führt in keine illusionistische Tiefe. Die Linie, das Gehäkelte, das textile Design spielen eine Rolle. Sie verhängt und verriegelt ihr Architekturmotiv mit Häkchen, die an ein gestricktes oder gehäkeltes Dekor erinnern. Sie interessiert sich denn auch für textile Kunst und macht Textilarbeiten. Der Galerist Golestani wurde auf sie beim Rundgang aufmerksam und war begeistert von diesen flächigen Arbeiten, in denen sie mit Strukturen und Zeichen spielt, ohne Rücksicht auf Perspektiven oder fingierte Räume zu nehmen.

Galerie Roozbeh Golestani, Ulmenstraße 38, bis 29. August, Mittwoch bis Freitag 12 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 14 Uhr