Ausstellung Katharina Fritsch zeigt die Kunst ihrer Freunde in Flingern
Düsseldorf · Zur Eröffnung des Galerie-Wochenendes sind bei Schönewald die Künstler Matthias Lahme, Angela Fette und Alexej Koschkarow zu sehen.
Für blutjunge Absolventen der Kunstakademie gibt es oft mehr Preise und Ausstellungen als für die Künstler der mittleren Generation, die schon ein beachtliches Werk erstellt haben. Sie geraten vor allem in Düsseldorf oft ins Hintertreffen. Weder der Kunstverein noch die Kunsthalle scheren sich um die 40- und 50-Jährigen. Selbst die Landesgalerie öffnet neuerdings ihr K21 den Greenhorns. Die Bildhauerin und Akademieprofessorin Katharina Fritsch steuert dagegen. Sie kuratiert eine Ausstellung bei Schönewald und Beuse mit Fette, Koschkarow und Lahme, die am Freitag eröffnet wird.
Lahmes fantastische Blumen auf bloßen Farbkleksen
Die Räume sind hoch und bestens ausgeleuchtet. Hier können sich die drei Künstler bestens präsentieren. Matthias Lahme, Jg. 1974, gibt einen Überblick, beginnend mit „Fantastischen Blumen“, einer Serie aus Kleksen mit Aquarellfarbe. Die flüssige Farbe springt und spritzt aufs Papier und verläuft. Dabei wird sie vom Pinsel leicht dirigiert. Die Pigmente scheinen auch im trockenen Zustand zu schwimmen. Sie entwickeln einen leichten Zauber.
Parallel hierzu sind Papierschnitte zu sehen, in denen die vorüberziehende und verfließende Farbe durch tiefschwarze Papierstege gleichsam gehalten wird. Lahme verdeckt die farbigen Partien durch dunkle Tuschen, bevor er mit dem Cutter einzelne Fragmente freischält. Die Farbpartien lassen sich als Gesichter, Augen, Monster oder poetische Partituren lesen. Die Gitterstruktur, die die Komposition hält, bestimmt den Rhythmus als Stakkato oder lyrische Suite.
Seit 2006 entstehen auch Schriftbilder, wobei Lahme die weiße Fläche mit Tusche schwärzt und die weißen Linien für die Schrift frei lässt. Sinnigerweise betitelt er die Ergebnisse als „Nothing inside“, „Nichts im Inneren“. Neu sind zugleich Rosenkranz-Readymades, Ketten aus rosarotem Kunststoff, die er er in einem Fachgeschäft am Vatikan kauft. Sie geben den Materialcollagen einen geistigen Überbau, eine religiöse Note. Heike van den Valentyn spricht in einem Textbeitrag von „Denkbildern“ und vergleicht gar die sehr sparsame Kunst Lahmes mit der metaphysischen Malerei eines Giorgio de Chirico.
Fettes monumentaler Flughund mit farbenfreudigen Häuten
Angela Fette, Jg. 1970, hat eine Fledermaus als monumentalen, aufrecht stehenden Flughund aus einem Tierbuch abgemalt und verfremdet. Der Kopf ist übermäßig groß, hat feine Härchen als Saum, kurze Ohren und eine lange Nasen-Schnauze. Normalerweise hängt so ein Tier kopfunter an den Bäumen. Angela Fette stellt ihr Tier aufrecht auf die Fußkrallen und nennt es „Georg“ (2018), als Verweis auf Georg Baselitz, der seine Porträts gern mit dem Kopf nach unten malt. Ihr „Georg“ ist gleichsam ein umgedrehter Baselitz. Seine Flughäute sind in transparenten Ölfarbschichten ausgebildet, die in den sehr flüssig aufgetragenen Farben Grün, Blau, Dunkel- und Hellrosa übereinander liegen und zu atmen scheinen. Der Hintergrund ist in einem monochromen Übergang von Gelb ins Grün gehalten und wirkt wie eine atmende Farbschicht.
„Obscura“, das Bildnis einer dunkelhäutigen Nuba, entstand 2017. Die dunkelhäutigen Menschen dieses Stammes dekorierten einst ihren nackten Körper nur mit einem bunten Stoffgürtel. Angela Fette malt eine seltsam doppelgeschlechtliche Figur mit starken Brüsten, schmalen Hüften und einem Kopf, den sie mit hellem Blau hinterlegt. Was das Bild interessant macht, ist das gelbgrüne, schwefelgrelle Band, das wie ein Blitz das Bild durchzuckt und am braunen Körper abzustrahlen scheint. Es ist ihr erstes, sehr rätselhaftes Ganzkörperbild.
Die Malerin liebt den fließenden Übergang von illusionistischen in abstrakte Partien. Sie spielt mit diversen Tiefenwirkungen und perfekten Farbübergängen. Wie ein fliegender Teppich wirkt eine abstrakte Form, die in einem großen, hellen Dreieck und in diversen kleineren Wimpeln, gekurvten Dreiecken und Kreisscheiben endet. Es ist, als würden die abstrakten Formen auf dem gewellten Teppich reiten, im Spiel zwischen Bewegung und Stillstand.
Koschkarows Trotzki-Stuhl ist ein zauberhafter Schaukelstuhl
Dritter im Bunde ist Alexej Koschkarow, der zwischen Düsseldorf und New York pendelt. Er ist ein Schalk der Kunst, der mit seinen Objekten die Politik unterwandert. „Trotzkis Stuhl“ ist ein hölzerner Schaukelstuhl, dessen Sitz ein schwarzer Zylinder ist, der Inbegriff eines Zauberers im Zirkus. Die Lehnen jedoch sind als Hammer und Sichel ausgebildet, den Insignien der Arbeiter- und Bauernklasse. Ergänzt wird das Objekt durch einen Pickel, jene Mordwaffe, mit der Trotzki von einem Agenten im Exil ermordet wurde. Koschkarows Sitzgerät ist aber auch eine Persiflage auf Marcel Breuers Freischwinger, der in der aktuellen Bauhaus-Euphorie eine fröhliche Auferstehung feiert.
Ein besonderer Schaugenuss ist die „Rambo-Teekanne“, ein schwarzer Männerteufel, mit einem Deckel für den Tee, auf dem ein Frosch mit roten Streifen Platz nimmt. Die Tülle ist aus Bambusrohr, entkam der Filmheld Rambo doch seinen Widersachern im Unterwasserversteck mit einem Bambusrohr.
Info: Schönewald und Beuse, Lindenstraße 182, Eröffnung mit den Galerien in Flingern am 18. Januar von 18 bis 21 Uhr.