Konzert: Cellist Thomas Beckmann beherrscht auch kritische Töne

Bei seinem Benefizkonzert in der Tonhalle spielte der Düsseldorfer Vergnügliches – und schimpft über den Umgang mit Armen.

Düsseldorf. Thomas Beckmann war zwölf Jahre alt, als er die Suite Nr. 3 C-Dur von Johann Sebastian Bach zum ersten Mal gehört hat. "Ich bin nach fünf Minuten geistig ausgestiegen, der restliche Saal war nach zehn Minuten weggetreten. Einen stürmischen Applaus gab es am Ende nur, weil endlich alles vorbei war", sagt der berühmte Cellist.

Dass bei seinem Benefizkonzert am Mittwochabend in der Tonhalle, das Publikum bis zur letzten Minute nicht nur geistig hellwach, sondern auch restlos begeistert ist, liegt wohl an der besonderen Präsenz des Düsseldorfer Musikers. Selbst komplexe Kompositionen werden bei ihm zu einem unterhaltsamen Vergnügen, weil er bereit ist, sich und seine Musik zu öffnen und diese einfach zu erklären.

Dabei geht es nicht um Kultur zum schönen Selbstzweck. Seit 1997 ist der Cellist mit seinem Instrument unterwegs, um Menschen zu helfen, denen sonst kaum einer hilft.

Begonnen hat sein soziales Engagement im eiskalten Winter 1993 als Obdachlose in den Straßen erfroren sind, weil keiner sich für sie zuständig fühlte und Menschen auch in belebten Ecken wie der Flinger Straße einfach wegguckt haben, statt zu helfen. Damals gründete Beckmann seinen Förderverein "Gemeinsam gegen Kälte", mit dem er Geld sammeln will, für Institutionen, die bereit sind, Menschen auf der Straße zu helfen.

Auch wenn Beckmann unermüdlich sein Cello für die gute Sache einsetzt, liegt noch vieles im Argen. Das musste er Anfang der Woche bei einem Konzert in Wuppertal erfahren, als er für die dortige Bahnhofsmission spielte.

"Die Bahn erlaubt es den Leuten in einem Hauptbahnhof mitten in der City nicht, Suppe für Bedürftige auszugeben. Am liebsten würde man alle Obdachlosen aus der Stadt vertreiben", empört sich Beckmann, der auch während des Konzert immer wieder kritische Themen anspricht.

Im zweiten Teil des Konzerts spielt Beckmann Stücke von Charlie Chaplin, der als Landstreicher einer seiner ganz großen Rollen verkörpert hat. Dass er auch ein Cello-Fan war, verrät Beckmann schmunzelnd seinem Publikum. "Er hat jeden Tag zehn Stunden im Bad geübt, so richtig geklappt hat es aber nie. Sonst wäre er heute wohl als Cellist in Erinnerung geblieben."

Von den 1400 Gästen in der Tonhalle gibt es nach gut zwei Stunden stehende Ovationen. "Es ist eine großartige Chance, mit Musik auf die soziale Not hinzuweisen", sagt Bruder Peter vom Fanziskaner-Kloster, der seit drei Jahren mit Beckmann kooperiert. Auch OB Dirk Elbers lobt das Engagement des Düsseldorfers: "Wir haben ein gutes soziales System in der Stadt, aber so eine Initiative ist für uns trotzdem unverzichtbar."

Zu den langjährigen Fans gehört Beate Möckel, die im Anschuss an das Konzert im Foyer geduldig auf den Cellisten wartet. "Ich kenne ihn schon aus der Zeit, in der im Schauspielhaus aufgetreten ist und bewundere seine Musik und sein Engagement", schwärmt die 70-Jährige.