Kultur Konzert-Rolle rückwärts landet bei Beethovens „Eroica“

Die Düsseldorfer Symphoniker spielen Ives, Berwald und Beethoven unter dem Dirigenten Seikyo Kim.

Foto: Susanne Diesner

Düsseldorf. Beim letzten Sternzeichen-Konzert vor der Sommerpause spielen die Düsseldorfer Symphoniker in der Tonhalle unter der Gastleitung von Seikyo Kim Werke von Charles Ives, Franz Berwald und Ludwig van Beethoven — und zwar in genau dieser musikgeschichtlich anachronistischen Reihenfolge.

Gewissermaßen läuft die musikalische Zeitmaschine hier rückwärts. Denn in traditionellen Programmfolgen bewegt man sich meist von den früh entstandenen Kompositionen hin zu den späteren, also vom Klassiker Beethoven hin zu den Romantikern oder Modernen. Da es im Bezirk des Musischen aber keine qualitativen Fortschritte gibt, sondern lediglich stilistische Entwicklungen, bedeut eine solche Rolle rückwärts keineswegs eine fallende Linie. Im Gegenteil: Beethovens Dritte Symphonie, „Eroica“, dürfte das gehaltvollste Opus in der aktuellen Werk-Trias sein.

Aber jede der drei Kompositionen besitzt ihren ganz eigenen großen Reiz: Das eröffnende Tongedichts-Set „Three Places in New England“ des US-Amerikaners Ives bringt schon mal gleich Aufmerksamkeit erregende Farben, Formen und Mischungen ins Hörgeschehen. Ives stellte hier raffinierte Klang-Collagen her, vor allem im letzten Satz „The Housatonic at Stockbridge“: Die Musik schildert da einen Sommerspaziergang am Fluss entlang, bei dem die Route auch an einer Kirche entlang führt, in der die Gemeinde singt. Ives mischt in dieser Passage choralartige Akkordfolgen in den die Natur illustrierenden Orchestersatz hinzu.

Besonders faszinierend kam diese Stelle am Freitag indes nicht zur Geltung. Die Düsseldorfer Symphoniker spielten zwar sauber und souverän, doch konnte ihnen Dirigent Seikyo Kim, der für den ursprünglich vorgesehenen Markus Poschener einsprang, nicht so recht den geheimnisvollen Ausdruck entlocken. Er dirigierte zwar schlagtechnisch einwandfrei und erwies sich auch als aufmerksamer Koordinator. Doch die Gestaltung des Großen und Ganzen entfaltete nichts Zwingendes.

Ähnlich wenig ereignete sich in der 3. Symphonie, „Sinfonie singulière“, des schwedischen Frühromantikers Franz Berwald. Alles ging glatt, riss aber nicht mit. Dabei ist Berwalds „Dritte“ ein wundervolles Werk: Schon der Anfang mit den leise, aber fanfarenartig aufsteigenden Streicher-Quarten, sanften harmonischen Reibungen und leuchtend nacheinander zugeschalteten Klarinetten, Oboen und Flöten macht frohgemut mit ein lieblicher Sommermorgen. Doch die Darbietung war voller Schleierwolken.

In Beethovens „Eroica“ wollte Kim wohl kraftvoller auftrumpfen und setzte knallige Akzente. Doch die halfen den Passagen dazwischen nicht viel weiter. So standen die starken Paukenschläge gewissermaßen auf verlorenem Posten. Für den von Beethoven mit „sehr langsam“ bezeichnete 2. Satz „Marcia funebre“ wählte Kim ein eher mittleres Tempo. Das nahm dem Trauermarsch das Gemessene und führte zu etwas karikaturhaften Momenten. Am überzeugendsten gelangen Scherzo und Finale: flott und virtuos. Starker Beifall.