Kinder- und Jugendliteratur Düsseldorfer Autor will Stiftung für Bilderbücher gründen

Düsseldorf · Kultur beginnt im Kinderzimmer. Davon ist Martin Baltscheit überzeugt. Deshalb will der Autor und Illustrator aus Düsseldorf eine Stiftung ins Leben rufen.

Ein Bild aus dem Bilderbuch „Papa liest vor“ von Martin Baltscheit.

Ein Bild aus dem Bilderbuch „Papa liest vor“ von Martin Baltscheit.

Foto: Martin Baltscheit/ dtv-Verlag

In Zeiten, in denen Fördergelder für die freie Tanz- und Theaterszene gestrichen werden, wartet der Kinderbuchautor und Illustrator Martin Baltscheit mit einer kühnen Idee auf: Er will eine Stiftung Bilderbuchkunst in Deutschland gründen. Das Konzept dafür steht, die ersten Gesprächstermine mit potenziellen Förderern sind vereinbart. „Ich suche Unterstützer in der Politik und in der Gesellschaft. Alle, die es interessiert, können sich gerne bei mir melden“, sagt Baltscheit.

„Das Bilderbuch ist die Mutter aller Künste. Die erste Begegnung unserer Kinder mit Kunst und Kultur ist die Sprache und der Gesang der Eltern. Die zweite Begegnung ist das Bilderbuch. Es beinhaltet Literatur, bildende Kunst, Hörspiel, Theater und über seine sequenziellen Bilder auch Film“, sagt der Autor, zu dessen großen Erfolgen „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte“ und „Nur ein Tag“ gehören.

„Lesen macht Kinder – wissenschaftlich betrachtet – schlauer und erfolgreicher. Es stimuliert die Gehirnzellen, es erweitert den Wortschatz, fördert Kommunikationsfähigkeit, vermittelt Lebenswirklichkeiten, Werte und Regeln“, argumentiert er. Und das Bilderbuch kann nach Ansicht des Düsseldorfer Familienvaters noch mehr: „Es schafft Nähe. Beim Vorlesen wird nicht erzogen, sondern etwas erlebt, gelacht, begriffen und gestaunt.“

Stiftung will eine
gemeinnützige GmbH werden

Die Bedeutung der Kinderliteratur stehe jedoch in keinem Verhältnis zu ihrer Rolle im Kultursektor. „Die Bilderbuchkunst ist eine unterschätzte und von der Kulturförderung nahezu vergessene Kunst“, findet Baltscheit. Das zeige sich nicht nur in geringer Beachtung, sondern auch in mangelnder monetärer Wertschätzung. Rund 30 000 Euro Preisgelder jährlich gingen an Bilderbuchprojekte. Verschwindend wenig, findet der Düsseldorfer: „Und es gibt ein einziges echtes Stipendium für Comics bundesweit.“

Mit der Stiftung soll sich das ändern. Sie soll Bilderbuchautoren finanziell fördern und mit einem Festival, das als kleine Zeltstadt durchs Land zieht, Autoren und Publikum zusammenbringen. Was das Ganze kosten soll? Für die Buchförderung, das Festival und seine Seminare veranschlagt Baltscheit drei Millionen Euro jährlich. „Der Bundeshaushalt beträgt 440 Milliarden Euro. 2,5 Milliarden Euro gehen an Theater und Oper, 300 Millionen an die Filmkunst“, sagt Baltscheit.

Einmal im Jahr, so schlägt er es vor, soll die Stiftung 99 Projekte für Kinder bis zu zwölf Jahren auswählen und bezuschussen. Dabei solle die Stiftung den Vorschuss der Verlage auf bis zu 20 000 Euro verdoppeln können. Bisher arbeiteten Bilderbuchkünstler oft am Existenzminimum. Honorare und Tantiemen seien kaum mehr als ein Selbstausbeutungsbonus, so der Autor. Wer eine Familie ernähren wolle, brauche gut bezahlte Nebenjobs oder einen Lebenspartner mit Geld: „Die Verlage wissen um diese Misere, sind aber außerstande, daran etwas zu ändern. Dann müssten Bilderbücher mehr als 30 Euro kosten und würden keinen Käufer finden.“

Um die Werbetrommel für die Stiftung zu rühren, soll es ein Festival geben mit Ausstellungen, Lesungen mit den geförderten Buchprojekten und Seminaren für Kreative und das Publikum. Schon vor drei Jahren hat Baltscheit „Plopp! Das Bilderbuchfestival“ ins Leben gerufen.

Juristisch betrachtet soll die Stiftung Bilderbuchkunst eine gemeinnützige GmbH mit Geschäftsführung und Beirat sowie einer siebenköpfigen, wechselnden Jury werden. Was er sich von seiner Initiative erhofft: mehr Wertschätzung für Bilderbücher, Unterstützung talentierter Autoren, gute Bücher und damit auch mehr Kultur im Kinderzimmer.

In Zeiten, in denen das ausufernde Nutzen des Smartphones bei Jugendlichen beklagt und nach Leseförderung gerufen wird, vielleicht gar keine so schlechte Idee.

( saja )