Mit Caspar David Friedrich am Meer
Interview: Ulrike Groos spricht über Kunst und Melancholie im Sommer. Düsseldorf sieht die Kunsthallen-Direktorin auf einem guten Weg.
<strong>Düsseldorf. Frau Groos, wo sind Sie im Sommer am liebsten?
Ulrike Groos: Am liebsten bin ich am Meer. Im August fahre ich nach Langeoog - ausruhen, Bücher lesen, ein paar Texte redigieren. Das kann ich sehr gut dort.
Groos: Doch, ich bin am Meer aufgewachsen. Meine Eltern haben in Südengland gelebt, als meine Mutter mit mir schwanger war. Nur zur Geburt ist sie nach Hessen gegangen. Die ersten zwei Jahre habe ich in England an der Küste verbracht. Ich glaube daran, dass man durch Umgebungen und frühe Einflüsse für das ganze Leben geprägt wird.
Groos: Nicht direkt mit dem Sommer, aber mit dem Meer: Zwei der schönsten Kunstwerke sind Michael Müllers Zeichnung "The English Grey in F, Bartholomaeus" und "Der Mönch am Meer" von Caspar David Friedrich. Es beeindruckt mich mit der dargestellten Urgewalt und Größe des Meeres.
Groos: Ja. Ich habe erlebt, dass an einem heißen Sommertag sich jemand vor den ICE, in dem ich fuhr, geworfen hat. Später erfuhr ich, dass an strahlenden Sommertagen relativ viele Leute Selbstmord begehen. Eine gewisse Melancholie gehört zum Sommer.
Groos: Wir haben ja keine Sommerpause. Im Gegenteil: Am 9. August eröffnen wir eine richtig schöne Sommerausstellung in der Kunsthalle: "Parkhaus". Wir nutzen die Jahreszeit und machen vier Open-Air-Kinoveranstaltungen vor der Kunsthalle. Ein Höhepunkt für mich ist in diesem Sommer, dass ich mir die Manifesta in Südtirol anschaue.
Groos: In dieser Stadt ist kulturell vieles auf einem guten Weg. Was die Oper betrifft etwa, den neuen Intendanten habe ich kürzlich kennen gelernt. Ich finde gut, dass nach den Theaterneubesetzungen nun weitere Personen aus meiner Generation hierher kommen - im Ballett, in der Musik.
Groos: Zwei wichtige Entscheidungen stehen in der Bildenden Kunst akut an: die Armin-Zweite-Nachfolge in der Kunstsammlung und die Neubesetzung im Rektorat der Kunstakademie Düsseldorf. Da würde ich richtig gute Leute holen.
Groos: Ja, aber die möchte ich nicht nennen. Das würde eher schaden.
Groos: Das ist sehr sinnvoll, um die Situation der Museen zu verbessern. Inzwischen sieht man, dass Häuser, die wichtige Sammlungen besitzen, nicht mehr über den nötigen Etat verfügen, um ihre Sammlungen sinnvoll zu ergänzen. Bei Auktionen, im Gespräch mit Galeristen oder auf Messen bekommt man mit, dass viele Arbeiten in private Hand gehen. Aus diesem Grund muss der Ankaufsetat aufgestockt werden. Wir sprechen dabei nicht nur von 100 000 Euro. Hier geht es um richtig hohe Beträge, die fehlen.
Groos: Wir haben Glück, weil viele unserer Wünsche, die den Bau und dessen Umgebung angehen, erfüllt wurden. Die Sanierung, die ich sehr gelungen finde, die Einrichtung der Bar und die Buchhandlung, die städteplanerisch die ganze Straße aufgewertet hat. Und unsere Erweiterung mit KIT - Kunst im Tunnel.
Groos: Ich habe Düsseldorf schon früher gekannt und auch aus dem Ausland mitbekommen, was hier passiert. Zum Beispiel die Debatte um die Kunsthalle. Ich war froh, dass sie erhalten blieb. Es ist schon enorm, dass es in einer Stadt so viele Häuser für zeitgenössische Kunst gibt und so viele Künstler hier leben, mit denen man sich austauschen kann. Und ich finde es großartig, dass Julia Stoschek ihre Sammlung in Düsseldorf präsentiert.
Groos: Eine Zeit lang war die Galerien-Szene nicht so vielfältig wie in Köln. Es gab immer die Alteingesessenen wie Fischer. Mittlerweile sind junge, erfolgreiche Galerien dazu gekommen, die international auf Messen vertreten sind. Das ist für das Klima gut.
Groos: Es war schön zu sehen, dass 2006 eine unabhängige Jury, die hauptsächlich aus Südamerikanern bestand, so viele deutsche Beiträge ausgewählt hat. Das hängt vor allem mit der guten Ausbildung an den Akademien in Deutschland zusammen.
Groos: Ich möchte das gar nicht. Ich finde es viel schöner, sich Kunstwerke wie etwa "Der Mönch am Meer" in Berlin ab und an dort anzusehen, wo sie von den Kuratoren ideal präsentiert werden.
Groos: Ich habe meinen Vertrag hier bis 2011. Ich würde sehr gerne irgendwann einmal an ein Haus gehen, das eine eigene Sammlung besitzt. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten - frei arbeiten, eine Auszeit nehmen oder Bücher schreiben. Bei den Planungen für die Kunsthalle merke ich, wie sehr ich mich mit diesem Haus verbunden fühle.
Groos: Ich baue gerade meinen Dachboden aus. Was ja auch darauf hin deutet, dass ich mich in Düsseldorf sehr wohl fühle. Ich habe mir eine Wohnung in Düsseltal gekauft. Seit einiger Zeit habe ich dadurch endlich wieder das Gefühl, zu Hause zu sein. Das möchte ich mir erhalten.