Düsseldorf Off-Szene zeigt Kunst in alter Mühle
40 Künstler präsentieren am Samstag und Sonntag ihre Arbeiten an einem besonderen Ort im Reisholzer Hafen.
Düsseldorf. Knast, Bunker, Finanzamt, Kirche: Dass sich der Verein Düsseldorfer Künstler für seine Jahresausstellung jedes Mal einen besonderen Ort in der Stadt aussucht, hat Tradition. Und die wird auch bei der siebten Ausstellung, die an diesem Wochenende zu sehen ist, nicht gebrochen. „Wir suchen uns immer Orte aus, die vorher noch nie fremdgenutzt worden sind“, erklärt Vera Sattler vom Künstlerverein. In diesem Jahr fiel die Wahl auf das alte Mühlengelände im Reisholzer Hafen.
40 Künstler zeigen hier am Samstag und Sonntag ihre Arbeiten, ein Schwerpunkt liegt auf Malerei, Fotografie und Installationen. „Niemand kramt etwas aus seinen Beständen hervor. Es geht vielmehr darum, sich mit dem Ausstellungsort auseinanderzusetzen“, sagt Sattler. Vor zwei Monaten konnten sich die Kreativen aus der Off-Szene vor Ort ein Bild von der 112 Jahre alten Mühle machen und sich inspirieren lassen.
Bereits auf dem Außengelände gibt es für die Besucher an diesem Wochenende Kunst zu sehen: Die Grundstücksmauern an der Reisholzer Werftstraße und Am Trippelsberg werden unter anderem vom StreetArt-Künstler L.E.T. und den Graffiti-Künstlern Marc (Majo Brothers) und Alexander Weuffen verschönert. Am Samstagabend gibt es zudem eine Lasershow an der Fassade des Backsteingebäudes, musikalisch untermalt von Wasser-künstler Konrad Zimmermann.
Durch den verwilderten Vorgarten geht es für die Besucher über eine kleine Gittertreppe ins Innere der Mühle und bis in den Ausstellungsraum im fünften Stock. Doch auch im Treppenhaus gibt es bereits Kunst zu sehen. Oben betritt man den großzügigen Ausstellungsraum, der wie ein zu großer Dachboden anmutet.
Was kaum jemand weiß: Die Rheinische Vermiculite produziert hier noch aus dem gleichnamigen Mineral verschiedene Produkte für Pharmazie, Brand- und Schallschutz sowie Flora und Fauna. Für den Aufbau der Ausstellung bleiben den Künstlern deshalb am Freitag nur wenige Stunden Zeit, denn bis zur Mittagszeit läuft hier noch der Mühlenbetrieb. Und dabei wird stets kräftig Staub aufgewirbelt. „Deshalb waren wir auch positiv überrascht, wie sauber es hier ist“, sagt Vera Sattler.
Die Ausstellungsbesucher können sich also auf einen abwechslungsreichen Einblick in die Düsseldorfer Kunstszene freuen. „Wir bringen die Arbeiten an, aber ansonsten bleibt hier alles so, wie es ist.“ Am Sonntagabend muss alles wieder komplett abgebaut sein, denn am Montag geht der Mühlenbetrieb wieder los. Abgesehen vom zeitlichen Druck und dem etwas mühsamen Aufstieg in die fünfte Etage finden die Künstler hier aber ideale Bedingungen vor. „Am schwierigsten war es bisher im Wasserschloss Kalkum. Wegen des Denkmalschutzes und strengen Vorgaben waren wir da ziemlich gefordert“, erinnert sich Vera Sattler.
Das Gelände am Reisholzer Hafen ist aber nicht nur aufgrund des großzügigen Platzes und der besonderen Atmosphäre reizvoll. Vielmehr will der Künstlerverein mit dem Ausstellungsthema „Gegenstrom“ ein Zeichen setzen gegen die Ausbaupläne des Hafens, durch die die lebendige Kulturszene mit Kunst- und Musikschulen, Ateliers und der seit 25 Jahren bestehenden Ausstellungshalle Werft 77 bedroht ist. Sattler: „Manche Künstler sind seit über zwei Jahrzehnten hier und wüssten gar nicht, wo sie hinsollen.“
Gegenüber der Mühle hat sie gemeinsam mit ihrer Tochter Eve vor zwei Jahren die Galerie „Töchter und Söhne“ eröffnet. Hier findet als Ergänzung zur Jahresausstellung eine Foto- und Graffiti-Ausstellung statt, deren Vernissage bereits am Freitagabend mit Livemusik von der Band Joseph Boys stattfand. Bis zum 30. Oktober sind hier Arbeiten von L.E.T., Majo Marc, Ben Mathis, Meta Baron, Moritz Padberg und anderen zu sehen.