Neue Gesprächsreihe im Schauspielhaus Hoffnung schöpfen für Nahost

Düsseldorf · Ein jüdisch-muslimisches Ehepaar hat Vorschläge für ein Ende der Gewalt im Gaza-Streifen. Im Düsseldorfer Schauspielhaus eröffneten Saba-Nur Cheema und Meron Mendel eine neue Gesprächsreihe: „Positionen und Perspektiven“.

Saba-Nur Cheema und Meron Mendel sind ein muslimisch-jüdisches Paar.

Foto: David Bachar

Saba-Nur Cheema arbeitet in der politischen Bildung und berät die Bundesregierung zur Islamfeindlichkeit. Sie, Tochter muslimischer pakistanischer Eltern, kam 1987 zur Welt, wuchs in Frankfurt am Main auf und studierte dort Politikwissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre.

Ihr Ehemann ist Meron Mendel, geboren 1976 bei Tel Aviv. Nach seiner Jugend im Kibbuz leistete er in der israelischen Armee seinen Wehrdienst ab und studierte dann an der Universität Haifa Geschichte und Erziehungswissenschaften. Seit 2010 ist er Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. Mehrfach trat er mit Protestaktionen hervor, in jüngerer Zeit vor allem im Zusammenhang mit der Documenta 15, als er als Experte zur Klärung von Antisemitismus-Vorwürfen tätig werden sollte, das Mandat aber nach zwei Wochen niederlegte, weil Direktion und künstlerische Leitung der Documenta nicht zu Dialog und Aufarbeitung bereit gewesen seien.

Jetzt eröffnete das muslimisch-jüdische Paar eine neue, vielversprechende Reihe im Düsseldorfer Schauspielhaus: „Positionen und Perspektiven“. Der erste Abend galt der Situation in Israel und Gaza – und in Deutschland, wo der Angriffskrieg der Hamas gegen Israel viele Demonstrationen hervorgerufen hat.

Wie geht es weiter nach dem Massaker, das die Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel verübte, bei dem sie Menschen wahllos aus ihrem Alltag riss und tötete, folterte, vergewaltigte, entführte? Auf diese Frage gab die Veranstaltung erwartungsgemäß keine Antwort. Cheema und Mendel beantworteten aber Fragen, die sich wohl jeder einmal gestellt hat, der aus der Ferne in den Nahen Osten blickt und in Deutschland vor der eigenen Haustür erlebt, dass pro-palästinensische Demos mehr Zulauf finden als israelfreundliche.

Die Ursache, so stellte sich in dem Gespräch unter der Leitung der Frankfurter Publizistin Naomi Naegele heraus, liegt vordergründig darin, dass die Hamas den „Krieg der Bilder“, der vor allem bei Tiktok und Instagram in 20-Sekunden-Filmchen unangemessen vereinfachend abgehandelt wird, zu gewinnen scheint. Saba-Nur Cheema kennt die Folgen: „Es fühlten sich schnell diejenigen bestätigt, die vom ,Kolonialstaat Israel’ sprechen.“ Die globale islamische Welt freue sich. Auch in Deutschland lebe das Feindbild Israel fort.

Meron Mendel klagte gleichfalls über einen Mangel an Mitgefühl für die Israelis. Schon in der ersten Nacht des Angriffs der Hamas erfuhr er von Geiseln und Toten aus dem Freundeskreis: „Die Ereignisse, die mich aufgewühlt haben, sind in der Gesellschaft kaum mit Anteilnahme aufgenommen worden.“ Bitter fügte er mit Blick auf Deutschland hinzu: „Jetzt weiß ich, wie ich die Gesellschaft, in der ich seit 20 Jahren lebe, einzuschätzen habe.“ Rasch gelangten die beiden Gesprächspartner zu der Frage: „Woher kommt es, dass Israelis immer als Täter, Palästinenser immer als Opfer gelten?“ Die Antwort gaben sie selbst: „Israelis sind Westler, Verbündete der USA“, daher für viele Menschen offenbar nicht unbedingt Sympathieträger. Die islamische Welt betrachte Israel als einen Staat, der vom Westen installiert wurde. „Verheerend“ findet Saba-Nur Cheema die Aufforderung, dass in Deutschland lebende Muslime in Gesprächen erst einmal bekennen sollen, dass sie sich von der Vorgehensweise der Hamas distanzieren: „Das ist ein Rückfall.“

Meron Mendel beklagte, dass „die rechtsgerichtete Regierung in Israel“ kaum Rücksicht auf palästinensische Menschenleben nehme. Dahinter stehe der Mangel an einer konstruktiven Auseinandersetzung: „Es fehlt uns die Debatte darüber, welche Kräfte wir auf israelischer Seite unterstützen sollen und welche auf palästinensischer.“ Vor allem aber fühlen sich die Israelis machtlos gegenüber den Vereinfachungen und Vorurteilen in Social-Media-Kanälen. Dagegen, so weiß Cheema aus Erfahrung, kämen Institutionen einer klassischen politischen Bildung nicht an. „Schon muslimische Kinder sagen: Juden sind reich.“ Mendel sieht die Situation weltweit so: „Gerade diejenigen, die besonders gerecht sein wollen gegenüber Minderheiten, haben eine Minderheit vergessen: die Juden.“

Woraus kann man Hoffnung schöpfen, so lautete die Abschlussfrage des Abends. Saba-nur Cheema schöpft Hoffnung daraus, dass sich Familien und Freunde von ihr in Friedensinitiativen engagieren. Meron Mendel sieht die Erfüllung zweier Forderungen als Voraussetzung eines Friedens. Erstens: Die Hamas darf nicht mehr das Wort haben. Zweitens: Netanjahus Regierung muss abgewählt werden.