Wie die Künstlerin Tita Giese eine Stadt erblühen lässt Eine Säulenhalle nur aus Pflanzen
Düsseldorf · Die Künstlerin Tita Giese bringt Bäume und Blüten in die Architekturikone Schmela-Haus – einschließlich eines Riesengrases aus China.
Die Stadt wirbt gern mit Tita Gieses Stresemannplatz, auf dem mitten im Verkehr säulenartige, immergrüne Yucca und Präriegräser aus schwarzem Basaltsplitt emporragen und durch Autoreifen abgesichert werden. Doch unbemerkt von der Öffentlichkeit ist die für ihre Pflanzen-Exotik bekannte Frau selbst für das Land NRW tätig geworden – am Schmela-Haus.
Die bauliche Ikone des Architekten Aldo van Eyck mit Sichtbeton, Bimsbetonstein und Marmor ist denkmalgeschützt und entspricht dem Purismus der 70er-Jahre. Giese bezeichnet es als „eine Mischung aus Franz Kafka und Le Corbusier: sehr eng, sehr düster, aber toll“. Max Mayer wollte es wenigstens im Wohnbereich etwas freundlicher haben und beauftragte sie mit der Bepflanzung eines nach innen gehenden Balkons in der zweiten Etage.
Giese gestaltet seit 1978 Pflanzenlandschaften
Kaum hatte sie Edelstahlgefäße besorgt und Schachtelhalme, Farnbäume, weiß-gelbe Fatsiablätter, Austernpilze und Essigbäume in Pappelholz eingegraben, als sie durch ein Fenster auf den tristen, asphaltierten Hof im Erdgeschoss blickte. Nun war es Mayer, der die Kunstsammlung mit Giese ins Gespräch brachte. Die Verhandlungen verliefen positiv. Giese durfte den Hof auf Landeskosten gestalten.
Sie war Feuer und Flamme und setzte ihre beliebten Essigbäume, an denen sich blaue Clematis ranken, pflanzte weiß-grün gestreiften Bambus und ein chinesisches Spezialgras, das eines Tages bis zu sieben Meter hoch wachsen wird. Bis der Eindruck einer Säulenhalle entsteht, durch die der Galerist und seine Sammler schreiten können. Bis sie an einem der Tische Platz nehmen können, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen.
Seit 1978 gestaltet Giese Pflanzenlandschaften. Magnolien und Hanfpalmen, Paeonien und Clematis setzte sie in den Garten von Thomas Ruff. Laubbäume, Bambus, Fenchel und Clematis orderte sie für Andreas Gursky. Bäume dienen auch im Garten des Architekten Pierre de Meuron als Trägermaterial für Blauregen, Clematis, Geisbart und Efeu; es wachsen sogar Bananen. Überhaupt sind die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron ihre besten Arbeitgeber. Aktuell erzeugt sie in deren Namen für einen Pharmakonzern in Basel einen bunten Pflanzenteppich.
Nicht immer werden ihre Vorschläge in Düsseldorf angenommen. Der Efeuteppich auf Quarzsplitt für den Kö-Graben wurde abgelehnt. Ihre Baumscheiben mit der Cannabis-Bepflanzung an der Berliner Allee sind vernichtet. Ihre Pflanzeninseln am Tausendfüßler verschwanden mit dem Bauwerk, und ihr Projekt am Flughafen wurde beim großen Brand zerstört.
Immerhin gab es einen Ersatz für den künstlichen Paradiesgarten am Tausendfüßler. Sie durfte den Ernst-Reuter-Platz gestalten, der sternförmig von sechs Straßen gekreuzt wird. Sie siedelte Elemente aus dem zerstörten Pflanzenprojekt von der Berliner Allee an, lichtete vorhandene Straßenbäume aus, ließ Clematis-Sorten hochklettern und die Äste mit rosa und weißen Blüten bedecken. Die Pflanzeninseln sind in Stufen angelegt, mit niedrigen Gräsern, Ackerschachtelhalmen, Zwergbambus und Tränenden Herzen am Boden, Schilf, Adlerfarn, halbhohem Bambus mit palmenartigen Blättern und Sachalin-Knöterich in der Mittelzone sowie Bambus, Hanfpalmen und Essigbäumen in den Höhen.
Doch hier bleibt ein Wunsch offen. Der Ernst-Reuter-Platz ist in ihren Augen eine städtische Entsorgungsfläche, denn mitten auf dem Platz stehen Unterflur-Container. „Diese Abfallbehälter hätte ich längst ablehnen müssen“, erklärt sie. Sie gehören ihrer Meinung nach auf den sehr breiten Grünstreifen an der Karl-Rudolf-Straße, und zwar als ganz normale oberirdische Container. Um die dann frei werdende Fläche könnte die Pflanzinsel erweitert werden. Außerdem hätte sie gern vor dem Außencafé, das vor zwei Jahren ausgewiesen wurde, einen schmalen Pflanzstreifen mit sieben Palmen sowie immergrünen Pflanzen als Verbindung zur Palmeninsel auf dem Platz. Sogar an korsische Christrosen ist gedacht. Noch ist dieser Wunsch nicht erfüllt, aber sie gibt die Hoffnung nicht auf.