Zwischen Gockeln und Silberköpfen
Ein Stück über die Liebe im Alter im Theater an der Kö: „Blütenträume“ liefert Pointen am Band, aber auch Nachdenkliches.
Düsseldorf. Frieda, Ulf, Heinz, Gila, Friedrich und Britta — Rentner über 70, verwitwet oder geschieden. Sie wollen noch einmal das Flirten lernen und belegen einen VHS-Kurs. Doch in die Oldie-Gruppe stolpert Julia, eine Mitt-Vierzigerin. Eher zufällig, weil ihr Kurs 40plus nicht zustande kam. Klar, dass die erfolgreiche, aber angespannte, zickige und nervöse Immobilienmaklerin — hinreißend gespielt von Jenny Jürgens — für Unruhe sorgt, besonders bei den älteren Gockeln.
Um den Traum vom späten Liebes-Glück geht es in Lutz Hübners „Blütenträume“, einem Stück über die „Silver Ager“, das seit Freitag im Theater an der Kö zu sehen ist. Nicht stürmisch umjubelt wurde die Premiere, dafür aber, wie bei dem Thema zu erwarten, herzlich und warmherzig gefeiert.
Neu: Erstmals machte der jüngste Heinersdorff Joel (7) die Abendansage. Der Papa, der regieführende Hausherr René Heinersdorff, trifft indes den richtigen Ton für dieses Stück, das, trotz süffiger Pointen und schräger Typenkomik, nur wenig mit herkömmlichem Boulevard zu tun hat.
2007 schrieb es Hübner (als Jugend-Autor bekannt) als Auftrags-Werk für das Schauspiel Essen. Dort wie andernorts verfügen Theater über Altenklubs, die einen Großteil der Abonnenten ausmachen. Kein Wunder also, dass „Blütenträume“ seitdem an großen Häusern der Republik für Quote sorgen.
Es beginnt zügig: In dem Flirt-Kurs — rasant vor die Wand gefahren von dem ungeschickt cholerischen Hobby-Psychologen und Möchtegern-Mimen Jan (kraftvoll auf die Bretter gebracht von Florian Reiners) — geht es drunter und drüber. Es dominieren Parodien über Opas Gefühlschaos, Rollenspiele aus Manager-Seminaren, die bei dem „Best Ager“ weniger Lust als Frust freisetzen.
Stille beschert Frieda, wenn sie über die harten, letzten Jahre mit ihrem Mann spricht, der elendig an Alzheimer zugrunde ging. Sobald aber die Truppe Jan gefeuert hat, beginnt eine Gute-Laune-Party mit Überraschungen und Denkanstößen, alternative Wohn-Modelle im Alter inklusive.
Dass Letzteres nicht so einfach ist, wie es sich anhört, verschweigt die Inszenierung nicht. Der Erfolg der „Blütenträume“ liegt auch in dem Rollenfutter für altgediente Theaterhasen: Mit persönlicher Erfahrung und Ausstrahlung reichern sie die Figuren an und machen den Regisseur beinah unsichtbar.
Volker Conradt als besserwissender Schuldirektor und Schürzenjäger Friedrich in Goldknopfsakko gibt allen Affen Zucker, Klaus Schleiff überzeugt als Eigenbrötler und Holzbastler Ulf, Klaus Kinalzik als gutmütiger Ruhrpottler Heinz, der, wenn’s brenzlig wird, schnell „ein Päuschen“ einlegen will.
Zum Teil durchs Fernsehen bekannte Gesichter, die bei aller Routine auch spontane Gags einstreuen. Neben Jenny Jürgens, die als überspannte Julia zeigt, dass sie als Schauspielerin immer besser wird, überzeugt auch Renate Hundertmark mit als harmoniesüchtige Gila und Ute Stein als leicht zynische Frieda, die die negativen Seiten des Alterns gnadenlos anspricht.