Düsseldorfer Leichtathleten Mit kleinem Team auf gutem Weg
Düsseldorf · An die großen Zeiten der Düsseldorfer Leichtathletik mit Ralf Jaros oder Sabine Everts kommt die aktuelle Generation nicht heran. Aber es geht in die richtige Richtung.
Drei Starter – drei Silbermedaillen. Die Bilanz der Düsseldorfer Vereine bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig konnte sich sehen lassen. Doch es gab schon bessere Jahre: Ältere Leichtathletik-Interessierte werden sich gern an das Jahr 1984 erinnern, als es beim damaligen „Heimspiel im Rheinstadion“ einmal Gold, zweimal Silber und dreimal Bronze für die Düsseldorfer gab.
Gold gewann am 23. Juni der damals erst 17-jährige Ralf Jaros mit 16,81 Meter im Dreisprung. Damit qualifizierte sich der heutige ART-Trainer für die Olympischen Spiele von Los Angeles. Jaros war ein Ausnahmetalent, das bis heute den deutschen Rekord hält: 1991 sprang er in Frankfurt 17,66 Meter weit. Als sein Stern sieben Jahre zuvor in Düsseldorf aufging, waren 20 000 Zuschauer dabei – mehr als bei so manchem Fortuna-Spiel zu der Zeit. Die ließen sich auch nicht vom kühlen Wetter abhalten und verfolgten fasziniert das Dreisprung-Geschehen.
Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles scheiterte Jaros in der Qualifikation. Grund zur Freude aus Düsseldorfer Sicht gab es dennoch: Sabine Everts von der damaligen LAV Düsseldorf kam mit Bronze im Siebenkampf nach Hause.
Lange Durststrecke bis in die 2010er-Jahre
1990 stieg die DM abermals im Rheinstadion. Bei den letzten rein westdeutschen Titelkämpfen vor der Wiedervereinigung gewann Jaros erneut, diesmal allerdings im Trikot des TV Wattenscheid. Trotzdem gab es auch 1990 eine Düsseldorfer Medaille im Dreisprung: Peter Bouschen von Agon 08 gewann Bronze. Danach fand nie wieder eine Deutsche Leichtathletik-Meisterschaft in Düsseldorf statt. Die in die Jahre gekommene Laufbahn wollte niemand renovieren, 2002 wurde das alte Rheinstadion abgerissen, in der neuen Arena war kein Platz für eine Laufbahn.
Parallel dazu erlebten auch die Vereine eine Durststrecke. Jahrelang gab es keine Düsseldorfer Medaille. Erst in den 2010er-Jahren änderte sich das, allen voran durch Straßenläufer wie André Pollmächer von Rhein-Marathon Düsseldorf oder Simon Stützel vom ART. In den Jahren danach auch wieder durch die Stadionsportler – vor allem in der Jugend, die für einige Zeit gar als die beste in Deutschland galt. Doch sämtliche Talente waren nicht zu halten, viele gingen in die USA, um Leistungssport mit Studium zu kombinieren. Andere wechselten innerhalb Deutschlands die Klubs. So wie Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre, der eigentlich vom ART kommt, nun aber für Bayer Leverkusen antritt und sich aufmacht, in die Weltspitze vorzudringen. Am Wochenende wurde er mit 5,75 Meter souverän Deutscher Meister.
Verstecken müssen sich die Düsseldorfer allerdings nicht. Das Team in Braunschweig war zwar überschaubar, aber erfolgreich. Maximilian Thorwirth (SFD 75 im 5000-Meter-Lauf), Jessie Maduka (ART, Dreisprung) und Djamila Böhm (ART, 400-Meter Hürden) setzten sich prächtig in Szene. Und das zwar ohne Fans im Stadion, dafür aber vor einem Millionenpublikum am Samstagabend in der ARD-Sportschau. Laut Idriss Gonschinska, Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), sahen 1,6 Millionen Menschen dabei zu, wie Thorwirth und Maduka zu Silber rannten und sprangen. Madukas Auseinandersetzung mit Maria Purtsa war besonders spannend, die Chemnitzerin entriss der Düsseldorferin mit ihrem letzten Sprung (13,65 Meter) noch die Goldmedaille (13,57 Meter für Maduka).
Jessie Maduka ist zurück in der nationalen Spitze
Obwohl es für die ART-Springerin sichtlich bitter war, „doch nur Zweite zu sein“, erkannte sie die Leistung von Purtsa neidlos an und gratulierte artig. Vielmehr haderte sie mit ihrer eigenen Leistung: „Ich hatte bei meinem besten Sprung eine Landung mit Schleifspuren, das ärgert mich natürlich. Der Sprung war sehr weit“, sagte die EM-Teilnehmerin von 2018. Positiv sei allerdings, dass sie sich nach ihrer schweren Fußverletzung im Vorjahr wieder an die nationale Spitze herangearbeitet hat. Ihre Bestleistung steht bei 13,95 Meter. Die 14 Meter dürften ihr bald gelingen.
Diese Saison wird sie die aber wohl nicht erreichen. Die Corona-Pandemie hat ja nicht nur Olympia in Tokio und die EM in Paris gestoppt, sondern auch zahlreiche regionale Sportfeste. Das Fernsehen hat trotzdem wieder Geschmack an der Leichtathletik gefunden, das ZDF überträgt sowohl die „True Athletes Classics“ am Sonntag in Leverkusen als auch die Mehrkampf-DM (mit Annkathrin Hoven vom ART) in Vaterstetetten am Wochenende danach. Das große Dortmunder Meeting an diesem Samstag – bei dem unter anderem Maximilian Thorwirth, Jessie Maduka und Annkathrin Hoven starten – gibt es im Livestream bei Youtube zu sehen.
Auch in Düsseldorf gibt es am Wochenende ein Meeting, die Mehrkampftage des ASC. Der ART hilft bei dem Sportfest im Rather Waldstadion dem Nachbarn aus dem Arena-Sportpark gern mit seinem Hygiene-Konzept und weiterer Unterstützung. Bisher konnten die ASC-Athleten in der Corona-Zeit überhaupt noch nicht bei Wettkämpfen starten.
Böhm kämpft um einen Startplatz bei Olympia 2021 in Tokio
Beim ART in Rath sieht das besser aus. Und es soll noch besser werden. Trainer Sven Timmermann baut derzeit eine Gruppe auf um Djamila Böhm, Cynthia Kwofie (U20-Hallen-Silber 2019 über 200 Meter) und die aus der Nähe von Koblenz stammende Radha Fiedler. Die wurde am Sonntag DM-Achte im 400-Meter-Hürden-Lauf. Timmermann hofft, dass auch das Team künftig durch die städtische Agentur Sportstadt Düsseldorf finanziell gefördert wird. „Dann hätten wir im nächsten Jahr auch wieder für die DM ganz starke Staffeln“, sagt Timmermann. Staffelwettbewerbe gab es in Braunschweig wegen Corona nicht.
Hürdensprinterin Djamila Böhm hat 2021 aber weitaus größere Pläne als nur die nächsten nationalen Meisterschaften: Nach dem überraschenden Rücktritt von Deutschlands Topläuferin Jackie Baumann (Tübingen) könnte der Weg nach Tokio für die 26-Jährige etwas leichter werden. „Djamila hat dieses Jahr alles in ihrem Leben der Qualifikation für Olympia untergeordnet, jetzt möchte sie das Ziel im nächsten Jahr auch tatsächlich erreichen“, sagt Timmermann. Das wäre auch für die Düsseldorfer Leichtathletik etwas Besonderes.