Missbrauch: Täter aus der Nachbarschaft
Zahlreiche Hinweise sind bei der Polizei eingegangen. Ermittler rechnen mit einem schnellen Fahndungserfolg.
Düsseldorf. Uwe Schulz streckt den Kopf aus dem Fenster seines Kiosks am Eingang zum Volksgarten. Vor ihm liegt ein Zeitungsbericht über den Missbrauchsdelikt, der sich nur wenige Meter hinter dem Laden am Wasserspielplatz ereignet hat. „Das war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas Schreckliches passiert“, sagt der 42-Jährige und berichtet von einem Exhibitionisten, der vor wenigen Wochen sein Unwesen am Wasserspielplatz getrieben hat, von mehreren Fällen, in denen Mädchen oder Frauen in dem Park belästigt wurden, von Drogenhandel und von 15 Einbrüchen in seine Bude in den vergangenen vier Jahren. „Es geht abwärts mit dieser Ecke von Oberbilk.“
Die Polizei fahndet weiter mit Hochdruck nach dem 13 bis 15 Jahre alten „Benny“ oder „Toby“, der sich in einem Gebüsch an einer Sechsjährigen vergangen haben soll, die offenbar in einem nahe gelegenen Heim lebt und mit einem Betreuer den Spielplatz besucht hatte. „Wir bekommen viele Hinweise aus der Bevölkerung und rechnen damit, dass wir den Täter schnell haben“, sagt Polizei-Sprecher André Hartwich. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Jugendliche auch aus Oberbilk kommt. Uwe Schulz, der täglich hunderte Volksgartenbesucher sieht, sagt: „Das Gesicht kommt mir bekannt vor, aber ich kann es nicht zuordnen.“
Anna Bordyuk und die kleine Hanna sind am Mittwochmittag die Einzigen, die dem Regenwetter trotzen und auf den Wasserspielplatz gekommen sind. Die Studentin, die nebenbei als Kindermädchen arbeitet, weiß nichts von dem Missbrauchsfall, ist schockiert: „Ich dachte, so etwas sei hier unmöglich.“ Sie selbst weicht Hanna auf dem Spielplatz keinen Meter von der Seite. „Weil ich nicht will, dass sie vom Klettergerüst fällt und eben wegen solchen Fällen.“ Regentropfen fallen, die Beiden flüchten ins Trockene.
Dass der Täter selbst so jung ist, ist laut Sozialpädagoge Reiner Rohrhirsch von der Kinderschutzambulanz des Evangelischen Krankenhauses kein seltenes Phänomen: „Doktorspiele und sexuelle Neugier sind normal. Doch oft werden erste Anzeichen von Entgrenzung und Verrohung von den Eltern oder Lehrern zu spät erkannt.“ Dazu gehören zum Beispiel das Überschreiten sexueller Schamgrenzen durch Entblößen, die Wahrnehmung von Pornos als Realität oder Gewalt gegen Mädchen und Jüngere. „Oft haben diese Jugendlichen kein Gespür dafür, wo der Spaß aufhört, und was dem Gegenüber schadet.“
Büdchenmann Uwe Schulz hofft, dass die Tat den Menschen die Augen öffnet, für die Probleme im Viertel. „Ich traue mich im Dunkeln jedenfalls nicht mehr durch den Volksgarten“, sagt er, als zwei TV-Kamerateams im strömenden Regen aufkreuzen, um über den Missbrauchsfall zu berichten.