„Nimm, was du hast und fliege damit“ — ganz einfach

Gerd Buurmann und Hildegart Scholten haben die schräge Talent-Show vor zehn Jahren erfunden.

„Nimm, was du hast und fliege damit“ — ganz einfach
Foto: Kurt Lübke

Nicht alles, was aus Köln kommt, muss schlecht sein. Vor zehn Jahren haben Gerd Buurmann und Hildegart Scholten „Kunst für Bares“ an den Start gebracht. Düsseldorf war eine der ersten Dependancen der schrägen Fröhlichkeit. Inzwischen gibt es die Talent-Show in etlichen Städten. Die Moderatorin, Schauspielerin und Kabarettistin erklärt, warum Anarchie und Kapitalismus durchaus miteinander harmonieren können.

Frau Scholten, was steckt hinter „Kunst gegen Bares“?

Hildegart Scholten: Gerd Buurmann hatte vor zehn Jahren die Idee dazu und hat mich mit ins Boot geholt. Wir haben in Köln im Severin Theater angefangen. Mit sieben Leuten, vier auf der Bühne, drei im Publikum. Von da an wurden es jede Woche mehr, 20, 30, 50, dann 100. Wir mussten dann in das größere ART-Theater umziehen, da sind wir bis heute noch.

Warum soll man sich die Show unbedingt ansehen?

Scholten: Uns ist wichtig, dass das Publikum ein Gefühl bekommt, dass es die Künstler unterstützt. Die Besucher sollen eine Verantwortung tragen, wenn sie am Ende Geld in eines der Sparschweine stecken und danach das Kapitalisten-Schwein des Abends gekürt wird. Alle sollen mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.

Muss man als Kapitalisten-Schwein schlecht fühlen?

Scholten: Nein, wir hatten mal einen jungen Mann, der einen Monolog gehalten hat. Der brachte regelmäßig seine Eltern mit. Die haben immer einen 50-Euro-Schein in sein Schweinchen gesteckt, er hat immer gewonnen. Das war auch völlig in Ordnung, wenn der junge Mann das Geld nachher behalten durfte. Denn auf die Weise wird ja gezeigt, wie Kapitalismus funktioniert.

Was passiert auf der Bühne? Ist alles erlaubt?

Scholten: Grundsätzlich ist alles erlaubt. Natürlich haben wir vor allem Comedians und Musiker. Aber der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wir hatten mal einen Künstler, der ist nackt auf einem Kreuz geritten. Eine Frau hat mal ein Buffet mitgebracht. Das war ihre Kunst und wir haben das nachher zusammen gegessen. Sie hat an dem Abend auch gewonnen. Auch eine Kunst-Performance hatten wir schon. Entscheidend ist die Authentizität, die wird vom Publikum honoriert. Unerfahrenheit ist nicht wichtig. Wir entdecken keine Leute. Das Publikum tut das. Manchmal kommen auch ganz spontan Menschen auf die Bühne.

Wer ist den bei euch schon entdeckt worden?

Scholten (guckt ernst): Das ist die falsche Frage. Einfacher ist die Antwort, wer noch nicht bei uns war — Helge Schneider. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn der nochmal kommt. Die Fernsehsender, die Comedians und Komiker suchen, kommen regelmäßig zu Kunst gegen Bares. Für die Künstler ist das eine große Chance. Sie können erstmal mit einem Zehn—Minuten-Programm auftreten und Sachen ausprobieren. Hier wirst du gesehen, hier hast du etwas erlebt und auf der Bühne eine Rolle gespielt. Gerd Buurmann hat das sehr schön formuliert — nimm, was du hast und fliege damit. Besser kann man das nicht sagen.

Kann man bei euch am Ende sogar reich werden?

Scholten: Nein, darum geht es auch nicht. Aber wir hatten schon mal einen Künstler, der hatte einen dreistelligen Betrag mit einer Drei vorne in seinem Umschlag. Das war schon ein Rekord und ist nicht der Sinn der Veranstaltung. Der niedrigste Betrag, den wir in einem Schweinchen gefunden haben, waren 15 Cent. Wir versuchen inzwischen, so etwas mit einem Extra-Schwein auszugleichen.

Wo gibt es „Kunst gegen Bares“ inzwischen überall?

Scholten: Das Spannende an der Show ist, dass sie in so vielen verschiedenen Städten mit völlig unterschiedlichen Locations stattfindet. In Düsseldorf zum Beispiel in dem Biergarten Vier Linden und im Tube in der Altstadt. In Weinheim gibt es die Show in einer Burg. Es gibt überall Künstler, man muss sie nur finden. Wir selbst haben mal eine Show in Oberdollendorf moderiert. Da waren 160 Leute und die hatten einen Riesenspaß. Kunst gegen Bares macht inzwischen auch Shows in Bremen, in Frankfurt und vielen anderen Städten.