Nordfriedhof in Düsseldorf Gräberfeld für Sternenkinder soll erweitert werden

Düsseldorf · Seit 20 Jahren können Familien totgeborene Kinder auf dem Nordfriedhof in einem besonderen Gräberfeld beisetzen lassen. Mehr als 4000 Bestattungen hat es seitdem dort gegeben. Nun soll die Fläche umgestaltet werden.

Inge Müller (vorne l.) von der Hospizgruppe, Bestatterin Christiane Kamp, Friedhofsgärtner Alfred Luchten (hinten l.) und Friedhofsleiter Stefan Süß.

Foto: Anne Orthen (ort)

Eine leichte Brise weht an diesem Tag durch Bäume und Büsche auf dem Nordfriedhof. Sonnenstrahlen fallen auf ein ganz besonderes Gräberfeld, das die Nummer 127 trägt. Dort drehen sich Windräder über bunten Spielsachen. Diese haben einen ebenso traurigen wie ernsten Hintergrund. Eltern haben sie dort abgelegt, um von ihren fehl- und totgeborenen Kindern Abschied zu nehmen. Sie sind ein Zeichen für ein Leben, das die „Sternenkinder“ nicht führen werden. Seit Juni 2003 besteht dieser letzte Ruheort in Düsseldorf. Nun soll er umgestaltet und vergrößert werden.

Bevor es das von Linden, einer mehr als 120 Jahre alten Blutbuche und Feldahorn umstandene Gräberfeld gab, gab es für Eltern, die gerade ihr Baby verloren haben, kaum eine Möglichkeit, sich würdevoll zu verabschieden. Damit verbunden gab es auch keinen Ort, an dem sie trauern konnten. „Oft wurden Totgeburten in bereits bestehenden Familiengräbern bestattet“, erklärt Inge Müller, Vorsitzende der Ökumenischen Hospizgruppe Gerresheim. Dafür sei die sonst übliche Totenruhe aufgehoben worden. Mit Fehlgeburten sei sehr lange weniger pietätvoll umgegangen. Krankenhäuser mussten die Föten entsorgen. Für die Eltern, insbesondere die Mütter, oft eine traumatische Erfahrung.

Die Beisetzungen sind für
die Angehörigen kostenlos

Das kann und muss auch anders gehen. Davon war die Ökumenische Hospizgruppe Gerresheim damals überzeugt. Um das Vorhaben umzusetzen, musste der Verein viele Mitstreiter ins Boot holen. „Unsere Wahl fiel auf den Nordfriedhof, weil er zum einen zentral gelegen und zum anderen der größte in Düsseldorf ist“, sagt Inge Müller. Die Friedhofsverwaltung konnte sie damals ebenso überzeugen wie Seelsorger, Bestatter, Steinmetze, Gärtner und die fünf Kliniken in Düsseldorf mit Geburtsstationen. Der Schulterschluss sei für alle eine „Herzensangelegenheit“, betont Friedhofsleiter Stefan Süß. So übernimmt die Gärtnereieinkaufsgenossenschaft die Kosten für Pflege und Bepflanzung seit 20 Jahren. Da kommen pro Jahr mehrere Tausend Euro zusammen. Aus der Idee, auch den Eltern den nötigen Raum für Trauer und Abschied zu bieten, wurde ein konkretes Vorhaben. Das Gräberfeld hat einen festen Platz auf dem rund 70 Hektar großen Friedhofsgelände. Allen Beteiligten war damals bewusst, dass sich ein Gräberfeld für Sternenkinder von den Bestattungen in der Umgebung abheben würde. Aus Steinen wurden die Flügel eines Schmetterlings geformt und dreimal im Jahr von der Friedhofsgärtnerei mit wechselnden Bodendeckern bepflanzt. Den „Kopf“ des Schmetterlings bildete der von einem Steinmetz gefertigte Sockel mit einer Edelstahlsäule, auf die ein Ring gesetzt wurde, dem in den folgenden Jahren neun weitere folgen würden. Jeder individuell von einem Steinmetz gefertigt. „Die einzige Vorgabe war der Durchmesser. In der Gestaltung waren sie völlig frei. Zwei von den Eltern ließen Ideen und Vorschläge ihrer Kinder mit einfließen “, erinnert sich Inge Müller.

In den 20 Jahren, seit das Gräberfeld angelegt wurde, sind dort 4192 Sternenkinder bestattet worden. Die Beisetzungen sind für die Angehörigen kostenlos. Jeweils am zweiten Donnerstag im März, Juni, September und Dezember finden gegen 15 Uhr Trauerfeiern für die Familien statt. Seit es das Gräberfeld gibt, konnten 81 dieser Abschiedszeremonien durchgeführt werden. Viele der Angehörigen legen liebevoll bemalte Steine für ihre verlorenen Kinder ab. Neben dem Gräberfeld wird ab 2024 eine weitere Fläche für Sternenkinder hergerichtet. Auszubildende der Friedhofsgärtnerei im zweiten Lehrjahr entwickelten bereits Ideen für die Gestaltung. „Da waren tolle Vorschläge dabei, auf die wir selbst gar nicht gekommen wären“, lobt Friedhofsleiter Stefan Süß. Durch heiße und trockene Sommer sieht er sich weiteren Herausforderungen gegenüber. „Wir müssen bei der Bepflanzung darauf reagieren – sowohl was die Bäume und Sträucher am Rand betrifft, als auch die Blumen für die Gräber, die wir im Moment bei großer Hitze mit Reisig abdecken müssen“, sagt er. Außerdem beginnen die ältesten Gräber auf dem Sternenkinderfeld langsam einzusinken. „Das ist ein völlig normaler Vorgang, auf den wir aber reagieren müssen“, sagt Süß und strebt den Dezember und die Folgemonate an, um die Umstrukturierung anzugehen.