Düsseldorf Prozess: Eltern entführen ihr Kind aus Klinik
Wunderheiler sollte HIV-Infektion des Babys behandeln. Paar wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor Gericht.
Düsseldorf. Tayo (Name geändert) ist sechs Jahre alt und besucht einen integrativen Kindergarten. Der Junge hat einen Hirnschaden und wird immer ein Pflegefall bleiben. Das Schicksal hätte dem Kind wohl erspart bleiben können. Denn seine Eltern verschwiegen bei der Geburt, dass die 37-jährige Mutter mit dem HI-Virus infiziert ist.
Dadurch wurde Tayo ebenfalls angesteckt. Als das Jugendamt den Eltern das Sorgerecht entzog, entführten sie ihren Sohn aus dem Krankenhaus, um einen Wunderheiler aufzusuchen.
Am Dienstag sollten sie sich wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor dem Amtsgericht verantworten. Anfang 2010 wurde Tayo geboren. Obwohl die Eltern wussten, dass die 37-Jährige infiziert war, informierten sie das Krankenhaus nicht. „Bei der Geburt hätte zum Beispiel durch einen Kaiserschnitt verhindert werden können, dass der Junge auch infiziert wird“, erklärte die Staatsanwältin. Doch weil keine schützenden Maßnahmen getroffen wurden, trägt Tayo das Virus seit seinem ersten Lebenstag in sich.
Als das Kind nach der Geburt verschiedene Krankheitssymptome zeigte, sollen der 50-jährige Vater und seine Ehefrau mehrfach HIV-Tests abgelehnt haben. Erst als Ärzte auf einen Test drängten, stimmten die Eltern schließlich zu. Danach konnte Tayo behandelt werden. „Er war auch schon gut eingestellt. Die Medikamente schlugen an“, so die Staatsanwaltschaft, „das Kind hätte ein ganz normales Leben führen können.“ Doch dann entschloss sich das Düsseldorfer Jugendamt dazu, den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Da spitzte sich die Situation zu. Vater und Mutter entführten das Kind aus dem Krankenhaus und brachten es zu einem Wunderheiler. Der wirbt im Internet damit, dass er Aids und das HI-Virus in 24 Stunden mit Kobra-Gift heilen kann. Verabreicht wurde Tayo angeblich aber nur Zitronensaft mit Zucker. Gegen den Wunderheiler war zeitweise auch ermittelt worden.
Sechs Monate wurde der Junge nicht behandelt. In dieser Zeit erkrankte er laut Staatsanwaltschaft an einer Lungenentzündung und erlitt den irreparablen Hirnschaden. Erst dann brachten die Eltern Tayo wieder ins Krankenhaus. Zur Verhandlung war am Dienstag nur der Vater erschienen, die 37-Jährige soll sich in Frankreich aufhalten. Die Richterin erließ gegen sie einen Haftbefehl. Am 8. November wird es eine neue Verhandlung geben.