Düsseldorf Rechte Hetze im Netz — ein Alltagsphänomen

Im Internet fallen die Hemmschwellen: Weil sie mit Hass-Mails regelrecht bombardiert wurde, hat Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch sogar ihre Facebook-Seite eingestellt.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Greift rechte Gesinnung immer mehr um sich — oder hat sich durch die Verbreitung sozialer Netzwerke nur die Wahrnehmung verschoben?

In der Facebook-Gruppe „Du bist Düsseldorfer, wenn. . .“ ist Hetze nicht erwünscht.

Foto: Melanie Zanin

Diese Frage stellen sich viele Menschen, die politisch interessiert sind und beobachten, wie extremes Gedankengut auf Internet-Seiten wie Facebook mehr oder weniger ungeniert verbreitet wird. Bundesweit, aber auch in Düsseldorf.

Wer nach rechter Hetze im Düsseldorfer Teil des Netzes sucht, findet eine der ideologischen Quellen bei der NPD. Auf der Facebook-Seite der Düsseldorfer Abteilung gibt es unverhohlen rassistische Slogans wie: „Lieber einen zu viel abschieben, als einen zu wenig!“ Allerdings hat die Seite einen überschaubaren Zulauf: 1082 Menschen haben dort auf „Gefällt mir“ gedrückt.

Eine deutlich größere Verbreitung hat da schon die Gruppe „Einer für alle, alle für einen . . . Düsseldorf passt auf“. Sie wurde nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht gegründet und machte Furore, weil aus diesem Kreis heraus eine Art „Bürgerwehr“ entstand. In nur wenigen Tagen hatte die Gruppe mehr als 14 000 Mitglieder, aktuell sind es immer noch mehr als 12 000.

Die Diskussionen, die sich dort abspielen, sind vielfach grenzwertig. Zwar verwahren sich die Organisatoren gegen offen rechte Hetze und schreiten im Extremfall auch ein (diverse Mitglieder wurden schon aus der Gruppe ausgeschlossen), trotzdem sind viele Debatten dort wenig appetitlich.

Erst dieser Tage wurde dort ein zweifelhafter Beitrag gepostet, wonach die Bundesregierung „Flüchtlingsmassen über Flughäfen“ einschleuse — und zwar mit getarnten Nachtflügen, unter anderem auch in Düsseldorf. Es handelt sich um eine Aneinanderreihung kruder, unbewiesener Behauptungen. Diese aber werden von einigen Nutzern als bare Münze genommen — und entsprechend kommentiert. „Die sogenannten Flüchtlinge werden unser Land langfristig in den Ruin treiben“, heißt es da. Oder: „In absehbarer Zeit gibt es keine Deutschen mehr. Wenn auch noch unsere Kultur und unsere Werte vernichtet werden, dann bin ich froh jetzt doch schon über 50 zu sein und nicht mehr all zuviel mitzukriegen.“

Ähnliche Debatten laufen auch in eigentlich unpolitischen Facebook-Gruppen wie „Du bist Düsseldorfer, wenn . . .“ mit mehr als 16 000 Mitgliedern. Unschöne Kommentare gab es dort etwa zu einem Bericht über die Anschlagspläne in der Altstadt. Einige Wochen nach Bekanntwerden der Pläne äußerten Experten Zweifel daran, dass die Pläne schon sehr konkret gewesen seien.

Kommentiert wird das dann so: „War ja klar, es wird wieder schön geredet, hat Mürkül bestimmt veranlasst.“ Oder so: „Das wird immer verharmlost, damit wir ruhig bleiben, ich will die Öl-Augen nicht in meiner Nähe haben.“

Dieser extreme Kommentar bleibt indes nicht unwidersprochen: „Bitte unterlassen Sie Ihre rassistischen Beleidigungen in dieser Gruppe“, gibt ein Mitglied an den Verfasser zurück. Und muss sich daraufhin von einem anderen Facebook-Nutzer dies anhören: „Und Sie unterlassen bitte ihre dämlichen Gutmenschen-Kommentare, die keiner hören will.“

Alltag im Netz. Alltag in Düsseldorfer Freundeskreisen.

Besonders arg ist es der städtischen Flüchtlingsbeauftragen Miriam Koch ergangen: Sie bekam auf ihrer Facebook-Seite derart viel Hass-Kommentare, dass sie die Seite schließlich komplett aus dem Netz nehmen musste.

„Offenbar ist die Seite auf einer rechten Plattform verlinkt worden. Wir bekamen eine regelrechte Flut übler Kommentare. Die meisten davon erreichten uns aber nicht aus Düsseldorf, sondern aus Süddeutschland. Daran haben wir gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, sagt Koch. „Das meiste davon waren keine Kommentare mehr, sondern nur noch Schmähungen — zum Teil auch sexistisch und rassistisch.“

Deshalb entschied man sich letztlich, die Facebook-Seite aufzugeben: „Wir hatten im Büro nicht die Kapazität, um alle extremen Kommentatoren zu sperren und bei Facebook zu melden. Deshalb haben wir im Juni entschieden, die Seite runterzunehmen.“ Und dabei ist es bis heute geblieben. Miriam Koch ist sozusagen bedient: „Ich halte mich zurzeit raus aus Facebook-Debatten.“

Sie glaubt, dass es sich um ein spezielles Problem mit dem Medium handelt: „Im Internet fallen offenbar alle Hemmschwellen. In der Realität erlebe ich etwas ganz anderes: Ich habe nach dem Oberbürgermeister wahrscheinlich die meisten Außentermine — und habe solche Äußerungen in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht noch nie erlebt. Klar, es gibt auch kritische Nachfragen — aber nicht diesen Hass.“