Rekordhoch bei Radlern in der Stadt
Zählstationen in der Stadt registrieren deutlichen Zuwachs. Aber auch die Unfallzahlen steigen.
Düsseldorf. Die Zählstellen für Fahrräder im Stadtgebiet zeigen deutlich: Immer mehr Düsseldorfer steigen aufs Rad. Anders gesagt: Immer mehr Fahrräder fahren durch Düsseldorf. An sich eine erfreuliche Nachricht. Zwei Fragen drängen sich da aber auf: Warum eigentlich? Und welche Schwierigkeiten birgt das in einer Stadt, die nicht gerade als Vorreiter in Sachen Fahrradfreundlichkeit gilt?
Zunächst die Zahlen: Im Juni 2016 fuhren etwas mehr als 90 000 Radfahrer an dem Zähler am Mannesmannufer vorbei, im Juni 2017 waren es fast 126 500. Das ist die bisherige Rekordzahl für eine Zählstation in der Stadt. An der Oberkasseler Brücke waren es im Juni 2016 72 400, im Juni 2017 schon 104 200. Die gleiche Entwicklung lässt sich auch an den häufig frequentierten Messstationen an der Königsallee/Steinstraße (Juni 2016 45 600 Radler, Juni 2017 58 100) und der Kirchfeldstraße ablesen. Letztere ist allerdings Mitte Juni ausgefallen, weshalb nur die Zahlen aus den Vormonaten aussagekräftig sind. Und auch die zeigen: Es werden immer mehr Radfahrer.
Der Grand Départ hat die Aufmerksamkeit in der Stadt auf den Radsport gelenkt, ob man es wollte oder nicht. Aber hat das Großereignis auch zum Fahrradfahren animiert? Fragt man Lars Kraus, Fahrradverkäufer bei Westside an der Kreuzstraße, gab es schon so etwas wie einen Tour-de-France-Effekt. „Ich habe selten so viele Menschen jeden Alters auf Rennrädern herumfahren sehen“, sagt der 33-Jährige. „Und abgesehen von der Tour beobachte ich schon seit Jahren, dass Fahrradfahren immer angesagter wird.“
Viele Menschen kämen zu der Erkenntnis, dass sie das meiste im Alltag mit dem Rad erledigen können. Schließlich gebe es auch Regenkleidung. Und wenn sie doch mal ein Auto brauchen, holten sie sich über Car-Sharing-Angebote eins. „So mache ich das auch. Mein Auto habe ich vor ein paar Jahren abgemeldet. Ich brauche es hier einfach nicht.“
Lerke Tyra, die stellvertretende Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Düsseldorf freut diese Entwicklung einerseits. Auf der anderen Seite hat sie im vergangenen Jahr einen Umfrage-basierten Bericht zum Fahrradklima veröffentlicht, welcher Düsseldorf nur die Note 4,2 bescheinigte. Damit landete die Landeshauptstadt auf Platz 28 von 39 teilnehmenden Großstädten in Deutschland. Besonders infrastrukturelle Mängel waren der Grund für die schlechte Benotung. Und trotzdem nutzen hier immer mehr Menschen das Fahrrad. Ein Konflikt? „Natürlich muss man in Düsseldorf sehr konzentriert Fahrrad fahren. Nach wie vor“, sagt Lerke Tyra. Es fehle an breiten Radwegen, passender Ampelschaltung und adäquater Führung an Baustellen.
Dass trotzdem mehr Menschen aufs Rad steigen, sei den vielen positiven Eigenschaften desselben zuzuschreiben: „Das Fahrrad ist schnell, effektiv und ein Ausdruck von Individualität. Das entspricht dem Zeitgeist“, ist sich Lerke Tyra sicher.
Die Stadt ist derweil bemüht, mit ihrem fahrradunfreundlichen Image aufzuräumen: Die Initiative Radschlag soll insgesamt 300 Kilometer Radfahrwege, Fahrrad-Abstellanlagen und bessere Wegweisung durchsetzen. Seit 2015 werden die Radwege ausgebaut. „Wirklich gelungen ist die Strecke vom Bilker S-Bahnhof bis zum Ratinger Tor“, lobt Lerke Tyra vom ADFC.
Mehr Fahrradfahrer in der Stadt sorgen jedoch auch für mehr Unfälle: Im ersten Halbjahr 2016 gab es 378 Unfälle mit Fahrrädern oder den elektrisch verstärkten Pedelecs, im gleichen Zeitraum dieses Jahres waren es 392, wie die Polizei mitteilt.
Auch ein Toter ist bereits in diesem Halbjahr zu beklagen, im Vorjahreszeitraum nicht. Dafür ist die Zahl der Schwerverletzten leicht zurückgegangen.