Nach Diebstahl in der St. Andreas Kirche Reliquien-Diebstahl hat Tradition

Sogar die Knochen des Stadtpatrons wurden gestohlen — und kamen so nach Düsseldorf.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Wenn Heilige sterben, lassen sie Schätze zurück. Verehrungswürdige Relikte — Knochen, Asche oder Überreste von Kleidung. Auch als „Heiligtümer“ bezeichnet, sollen die Überreste eine heilende Wirkung haben, Gläubige, die sie berühren oder ansehen, Gott näher bringen.

In Düsseldorf hatten es Diebe in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder auf sie abgesehen: Erst vor zwei Wochen wurden vier Monstranzen aus St. Andreas gestohlen, im Juni die Knochensplitter der heiligen Elisabeth, letztes Jahr die Taufbücher aus St. Ursula in Grafenberg. Der materielle Wert der Reliquien ist in der Regel gering, die meisten wurden bei Kriegen ausgeplündert, Materialien wie Gold durch Holz und Blattgold ersetzt. Entscheidend ist der immaterielle Wert. „Man weiß bei keiner Reliquie, ob wirklich ein Heiliger drin steckt“, sagt Kirchenhistoriker Ulrich Brzosa. Denn: Die meisten Heiligen lebten zur Zeit Jesu, die Herstellung von Reliquien hatte ihren Höhepunkt aber erst im Mittelalter.

Düsseldorf war seit seiner Gründung bis zur Reformation eine Wallfahrtsstadt. „Handel mit Reliquien und Ablässen war wesentlich für das Wachstum der Stadt.“ In fast jeder katholischen Kirche in Düsseldorf gibt es Reliquien, die meisten sind in den Altar eingebaut: „Bestenfalls Reliquien vom Namensgeber der Kirche.“

Die älteste Reliquie des alten Stadtkerns befindet sich in der St. Lambertus-Gemeinde: der Apollinaris-Schrein, in dem sich Gebeine des Heiligen Apollinaris aus Ravenna befinden sollen, dem Düsseldorfer Stadtpatron. Seine Gebeine waren seit dem späten Mittelalter in Remagen ausgestellt und lockten zahlreiche Wallfahrer an. Die große Beliebtheit des Schreins veranlasste den damaligen Herzog der Stadt Düsseldorf, Wilhelm I., die Gebeine 1383 bei einem Eroberungszug zu stehlen. Jedenfalls fast — das Haupt des Heiligen konnten die Remagener vorher noch in Sicherheit bringen. In St. Lambertus befindet sich eine ganze Schatzkammer mit Heiligtümern. Zu den Schätzen zählen zum Beispiel ein Kopfreliquiar des Heiligen Vitalis aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts oder die Elle des Apostels Thomas vom Jahre 1589. Bedeutsame Reliquien sind auch der Schrein des Heiligen Hippolyt und eine Monstranz mit einem Stein mit Blut von Jesus in St. Margaretha in Gerresheim sowie der Suitbertusschrein in Kaiserswerth.