Interview Self-Publishing-Day: Kongress für Selbstverleger tagt in Düsseldorf

Am Samstag findet der Self-Publishing-Day statt. Veranstalter Lutz Kreutzer erzählt, warum die Branche boomt und inzwischen auch von Verlagen ernst genommen wird.

Foto: Adalbert Rieder

Düsseldorf. Wer als Schriftsteller erfolgreich werden will, muss nicht nur gut schreiben können. Er braucht einen renommierten Verlag. Doch Lektoren werden überflutet mit Manuskripten, dementsprechend hören sie oft auf die Empfehlungen bereits renommierter Autoren. Soweit zu kommen, ist schwer. Es geht aber auch anders: das eigene Buch selbst veröffentlichen. Einst wurden die Selbstverleger belächelt, inzwischen nimmt der Literaturmarkt sie ernst. Seit 2014 findet einmal im Jahr auch ein Branchentreffen der Selbstverleger statt: der Self-Publishing-Day. Jedes Jahr in einer anderen deutschen Stadt, nun ist Düsseldorf an der Reihe. Die WZ sprach mit Veranstalter Lutz Kreutzer über erfolgreiche Selbstverleger, aktuelle Trends und Gefahren für die Branche.

Herr Kreutzer, was verbirgt sich hinter Ihrem diesjährigen Motto „Was uns Autoren stark macht“?

Lutz Kreutzer: Self-Publisher müssen sehr vielseitig sein, sie stehen viel mehr in der Öffentlichkeit als Verlagsautoren und müssen repräsentieren können. Es geht also um Eigendarstellung, Präsentation und um die sorgfältige Planung von Buch-Projekten. Außerdem darum, wie man seine Persönlichkeit stärkt durch gute Performance bei Lesungen und Interviews. Self-Publisher sind mehr als nur Schriftsteller, sie müssen sich auch selbst gut vermarkten können.

Was machen Self-Publisher denn konkret anders als Verlagsautoren?

Kreutzer: Self-Publisher müssen neben dem Schreiben auch im Marketing fit sein, sie beauftragen Lektoren, Korrektoren und Cover-Designer. Sie machen Ihre Klappentexte und Buchtitel in Eigenverantwortung. Das alles ist klassischerweise Marketing-Arbeit im Verlag gewesen, womit Autoren früher in der Regel große Schwierigkeiten hatten. Self-Publisher übernehmen also neben dem Schreiben ihres Buchs alle Aufgaben, die früher die Verlage übernommen haben.

Aber reicht das, um als Self-Publisher erfolgreich zu sein?

Kreutzer: Er muss vielseitig sein, ein Gefühl für die Buchbranche und die Leserschaft haben, sich mit dem Internet gut auskennen und vor allem: Er muss sehr gute Texte verfassen können und sich tolle Geschichten ausdenken. Denn am Ende zählt langfristig nur die Qualität des Inhalts eines Buchs.

Die Branche hat sich ja längst etabliert und im deutschsprachigen Raum Bestseller-Autoren mit Millionenauflage hervorgebracht. Sie lässt damit „klassische“ Buchverlage alt aussehen. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Kreutzer: Die Verlage sehen eigentlich gar nicht zwangsläufig alt aus, sie müssen nur umdenken. Self-Publisher erobern mit ihren E-Books ganz neue Leserschichten. Der Erfolg lässt sich dadurch erklären, dass Amazon die E-Book-Lesegeräte und die Plattform vor einigen Jahren nach Deutschland brachte. Die Lesegeräte haben vor allem junge Leute angesprochen, und E-Books sind für die Leser günstig zu haben. Die Buchbranche hat mit Tolino sehr erfolgreich nachgezogen, da tut sich also sehr viel.

Beim Self-Publishing-Day treffen sich die Autoren, um mehr über aktuelle Trends zu erfahren. Was ist denn in Selbstverleger-Branche momentan besonders gefragt?

Kreutzer: Der Trend geht klar dahin, zu delegieren. Self-Publisher machen nicht mehr alles selbst wie noch vor vielen Jahren, sie steuern und kontrollieren die Arbeiten. Wie komme ich an gute Lektoren, wie an gute Cover-Designer? Wie gestalte ich die Zusammenarbeit effizient? Die erfolgreichen Leute haben alle einen Lektor oder eine Lektorin und machen ihre Cover kaum mehr selbst. Klar ist auch, dass ohne Social Media nichts geht. Hier haben wir Vortragende, die anderen zeigen, wie man das auf moderne, ansprechende und innovative Weise machen kann. Die Branche hat sich also längst professionalisiert.

Zwei Bestseller-Autorinnen stammen aus NRW. Poppy J. Anderson und Catherine Shepherd. Poppy J. Anderson gilt als E-Book-Königin bei Amazon. Ihr Roman „Titans of Love 1. Verliebt in der Nachspielzeit“ ist inzwischen bei Rowohlt erhältlich. Was zeichnet ihren Erfolg aus?

Kreutzer: Ja, die beiden sind ja in Düsseldorf am 26. Mai auf dem Podium und stellen sich den Fragen von Ruprecht Frieling vom Selfpublisher-Verband. Poppy J. Anderson trifft genau den Markt. Etwa 75 Prozent der Leser sind Frauen, vor allem junge Frauen, und die lesen gern Liebesromane. Ihre Reihe über die Footballspieler ist vor einigen Jahren eingeschlagen wie eine Bombe. Das setzt sie sehr erfolgreich fort.

Catherine Shepherd ist mit ihren Zons-Krimis erfolgreich geworden, eine Mischung aus historischem Roman, Krimi und Thriller. Besteht darin ihr Erfolgsrezept?

Kreutzer: Das zweite erfolgreiche Segment in der Buchbranche sind Thriller und Krimis, und historische Komponenten kommen ebenfalls sehr gut an bei den Lesern. Catherine Shepherd hat hier genau ins Schwarze getroffen.

Sie selbst arbeiten auch als Selbst-Publisher, schreiben Krimis und Sachbücher. Wie erfolgreich sind Sie damit?

Kreutzer: Ich hatte eine Nummer eins im Amazon Kindle-Shop (Schröders Verdacht). Mein zweites Buch (Gott würfelt doch) kam auf Platz eins der Belletristikliste und Platz eins der Historischen Romane. Mein Autorenratgeber „Patz 1 bei Amazon“ wurde ebenfalls auf einigen Listen auf Platz eins geführt. Ich schreibe aber auch für Verlage. So mache ich zurzeit als Herausgeber mit einem großen Krimiverlag ein Buch mit gruseligen Kurzgeschichten über München, an dem zwölf Autoren beteiligt sind, darunter Schriftsteller wie Oliver Pötzsch und das Autorenpaar Iny Lorentz.

Nun kommen Sie dieses Jahr nach Düsseldorf. Wie bewerten sie die Düsseldorfer Self-Publishing-Szene?

Kreutzer: Düsseldorf habe ich gewählt, weil wir jedes Jahr in eine andere Großstadt ziehen, mal im Norden, mal im Süden, dieses Jahr war mal der Westen dran. Ehrlich gesagt kenne ich kaum Self-Publisher aus Düsseldorf, ich hoffe, dass sich das nun ändern wird. Aber in NRW wohnen viele Menschen, und da gibt es natürlich auch viele Autoren. Immer mehr interessieren sich jetzt für das Self-Publishing, auch, weil sich dort in der Regel mehr verdienen lässt als bei einem Verlag.

Und die Verlage gehen nun immer stärker auf die Autoren zu. Zu Beginn der Self-Publishing-Ära wurden die Selbstverleger ja noch belächelt. Wie kam es zu diesem Wandel?

Kreutzer: Verlage haben gemerkt, dass viele Self-Publisher Qualität bieten und große Fangemeinden mitbringen. Nicht jeder Autor liefert Spitzenqualität, aber das ist in der Verlagsbranche ja auch nicht anders. Die Edelsteine unter den Self-Publishern aber gilt es zu finden und zu erobern. Es gibt da bereits richtige Scouts bei den Verlagen und Literaturagenturen, die das übernehmen. Einige kommen ja auch zum Self-Publishing-Day und sehen sich um, vor einigen Jahren wäre das noch nicht einmal denkbar gewesen.

Nun kämpft die Branche aber auch mit Problemen. Publiziert werden die Werke ja als E-Books, was häufig dazu führt, dass sie auf Piratenplattformen landen. Frisst die Self-Publishing-Revolution ihre Kinder?

Kreutzer: Ich halte einen Vortrag zur Piraterie. Er dreht sich darum, was ein Autor tun kann, um präventiv zu verhindern, dass sein E-Book irgendwo auf einem Piratenportal landet, wodurch ja sein Urheberrecht verletzt wird. Dazu gibt es ein System namens eBookWaterMark, das jeder Autor und auch jeder Verlag nutzen kann.