Sind wir nicht alle ein bisschen bayrisch?
Die Stadt feiert Oktoberfest. Weißwürste und Dirndl sind der Renner. Jedermanns Sache ist das nicht.
Düsseldorf. Ein bisschen ist es mit dem Oktoberfest wie mit dem Halsbandsittich, der sich an der Kö breitgemacht hat. Plötzlich war es einfach da, obwohl es doch eigentlich gar nicht in die Stadt gehört. An den Kasematten flatterten am Freitag die blau-weißen Tischdecken im Wind, plötzlich haben Lokale Federweißer und Zwiebelkuchen im Angebot und vor dem Souvenir-Laden am Burgplatz posieren zwei Schaufenster-Puppen in Dirndl und Lederhose, daneben ein Schild „Souvenirs aus Düsseldorf und Deutschland“.
Für Michael Ritter vom Bayrischen Landesverband für Heimatpflege ist die Sache klar: Das Oktoberfest, von dem es mittlerweile rund 2000 Ableger in aller Welt gebe, sei ein Ereignis, das auch die jungen Leute anspreche.
Diese hätten das Konzept aus Bayern deshalb importiert. Ritter findet das nicht verwerflich, „auch wenn manche Begleiterscheinungen gewöhnungsbedürftig sind“. Dabei findet er es kein bisschen befremdlich, dass Düsseldorf nun auch auf bayrisch feiert. „Auch wenn Düsseldorf Bayern nur kopiert, führt das vielleicht zu einer Rückbesinnung auf eigene Traditionen.“ Doch was sagen die Düsseldorfer zur Dirndl-Weißbier-Invasion? Werner Stammen, Geschäftsführer von Düsseldorfs Jeckem Lädchen hat nichts dagegen einzuwenden. „Die jungen Leute finden das eben schön“, sagt er und zeigt auf die Lederhosen, die er derzeit im Laden verkauft. „Die gehen im Moment echt gut.“ Ole Pirdzun nimmt das Angebot bereits in Augenschein. Der 18-jährige Duisburger will das Oktoberfest wie so viele in NRW statt Bayern feiern. Was ihm am Fest gefällt? „Das Biertrinken“, stellt er klar.
Philosophischer kommt die Einschätzung von Schinken-Toni vom Carlsplatz daher, bei dem die Weißwürste, die wie das Original aus Kalbsfleisch gemacht sind, am Freitag praktisch ausverkauft waren. „Das Oktoberfest verbindet alle Generationen. Und es ist toll, dass die Trachten eine Renaissance erleben“, ist seine Einschätzung. Außerdem habe die Küche etwas Außergewöhnliches. „Jeder Japaner muss zum Beispiel einmal in seinem Leben eine riesige Haxe gegessen haben“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Der Hut, den Schinken-Toni trägt, stammt übrigens nicht aus München. „Den habe ich vom Tegernsee“, stellt er klar.
Das Verhältnis von Wolfgang Rolshoven, Baas der Düsseldorfer Jonges, zum Oktoberfest ist dagegen ambivalent. „Das Oktoberfest gehört nach Bayern“, findet er. Etablieren habe sich das Fest außerhalb von Bayern nur können, weil Menschen damit Geschäfte machten. „Ähnlich wie bei Halloween.“ Christine Hoffmann, die mit ihren Freundinnen aus dem Sauerland angereist ist, gibt ihm Recht: „Wenn wir das Oktoberfest feiern wollten, wären wir nach München gefahren. Nach Düsseldorf passt das nicht und die Stadt hat das auch gar nicht nötig.“ Vor dem Oktoberfest flüchtet auch das Ehepaar Beck, das seine Vornamen nicht verraten will. „Aber wer das feiern möchte, soll das tun. Wir machen niemandem Vorschriften.“ Übrigens waren die Becks am Freitag nur auf Stippvisite in Düsseldorf — eigentlich stammen sie aus München.