Düsseldorf So werden Kita-Kinder fit für die Schule

Mehr als 5200 Kinder gehen nach den Ferien in die Schule. Für sie gibt es viele Angebote, damit der Übergang gelingt.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Der kleine Efe hat sich genau gemerkt, wie oft er nach links und rechts gucken muss, bevor er über die Straße geht. Nämlich je zweimal. Und seit einem Stadtspaziergang kann er auch buchstabieren, was auf den Stoppschildern steht: „S-T-O-P“, sagt er bedächtig und fügt dann hinzu: „Und es ist achteckig!“ Bei den „Sommerkindern“ der Kita Zaunkönige in Pempelfort kommen die Vorschulkinder zweimal die Woche in einem exklusiven Club zusammen und bereiten sich darauf vor, nach den Sommerferien i-Dötzchen zu sein. Nur eine Idee von vielen in Düsseldorf, um den insgesamt mehr als 5200 Schulanfängern den Übergang zu diesem neuen, wichtigen Kapitel in ihrem Leben zu erleichtern.

Auf das freuen sich die Kita-Kinder bei den Zaunkönigen jedes Jahr. „Sommerkind zu werden, ist sehr begehrt“, sagt Erzieherin Nadine Röber, die das Projekt begleitet. Für die Mädchen und Jungen gibt es einen richtigen Stundenplan: Sie beginnen mit dem Förderprogramm „Flug ins All“: Die Kinder zeichnen zum Beispiel Muster nach, lernen so geometrische Formen und Stifthaltung. Beim Projekt „Faustlos“ steht das Erkennen von Emotionen anderer sowie der Umgang mit ihnen im Vordergrund. Es folgen Verkehrserziehung, Brandschutz, Erste Hilfe, aber auch ein Kennenlernen der eigenen Stadt bei vielen Ausflügen — und zuletzt das Basteln der eigenen Schultüte. Der finale Meilenstein auf dem Weg zum Schulkind. „Lesen und Schreiben sind für uns nebensächlich“, verdeutlicht Röber. „Wir sind ja keine Schule, sondern ein Kindergarten.“ Aber: „Wir wollen den Kindern einen gut gepackten Rucksack mit in die Schule geben.“

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Bald in die Schule

Das will man auch in der Kita Wuppnub an der Eduard-Schloemann-Straße — in der Vorschulgruppe „Alte Hasen“. Verkehrserziehung, die Haltung eines Stiftes, vielleicht schon mal den eigenen Namen schreiben. „Aber für uns ist vor allem wichtig, dass die Kinder sozial und emotional gestärkt werden“, erklärt Kitaleiterin Claire Herzog. Die echten Baustellen bei ihren „Alten Hasen“ lägen selten im kognitiven Bereich. „Oft sind es banale Sachen: Wie eine halbe Stunde auf dem Stuhl zu sitzen. Auch um Hilfe zu bitten, fällt vielen schwer.“ Um den Kindern die Scheu vor der großen Unbekannten „Schule“ zu nehmen, besuchen die Kita-Kinder auch schon einmal die Grundschulen der Umgebung zum Schnuppern.

Diese Verzahnung von Kita und Schule ist den Partnern im Arbeitskreis Holthausen besonders wichtig. „Wir haben uns groß auf die Fahnen geschrieben, den Übergang für die Kinder so weich wie möglich zu gestalten“, erklärt Susanne Hartwig, Leiterin der Adolf-Klarenbach-Grundschule. Deshalb hospitieren die i-Dötzchen in spe schon mal in der Schule, machen eine richtige Unterrichtsstunde nebst Pause und Hausaufgaben mit. „Das wird von den Kindern ganz toll aufgenommen.“ Die Kitas seien aber auch eingeladen, einfach „ganz niederschwellig“ zum gemeinsamen Vorlesen in die Schulbibliothek zu kommen.

Zudem haben die Schulen und Kitas gemeinsam die mathematische Vorbildung der Kindergartenkinder in Angriff genommen. Hartwig selbst hat dazu Fortbildungen für Erzieher angeboten. Das Projekt läuft jetzt zwei Jahre. „In jeder Kita, die beteiligt war, gibt es jetzt eine Mathe-Ecke“, erklärt die Schulleiterin. Dort lernen die Kinder schon einmal geometrische Formen kennen, aber auch, Mengen und Größen zu vergleichen. „Das merken wir hier in der Schule schon. Richtig klasse“, sagt Hartwig.

Die Arbeitskreise mit Kitas und Schulen sind in ganz Düsseldorf eingerichtet. „Aber sie werden sehr unterschiedlich wahrgenommen und ausgestaltet“, hat Susanne Hartwig erlebt. Und so geht es auch Stefan Buschjost von der Kita Vorstadtkrokodile an der Otto-Petersen-Straße. Ob die Grundschuldirektoren zu einem Elternabend in die Kita kämen, die Lehrer dort hospitierten, um die Kinder und ihre Fähigkeiten kennen zu lernen, sei von der jeweiligen Schule abhängig. Sein Ziel ist sogar ein Austausch über einzelne Kinder: „Das ist noch die Ausnahme, aber es gibt durchaus mal solche Gespräche.“

Buschjost weiß, dass viele Eltern auf den letzten Drücker vor der Einschulung Panik bekommen und ihr Kind mit Schulwissen überfrachten wollen. Doch er stellt klar, worum es wirklich geht: „Es muss nicht bis 100 zählen können. Aber es muss still sitzen und zuhören können.“ Er bekomme von Grundschullehrern häufig die Rückmeldung, dass sie kaum Sachunterricht geben könnten, weil sie erst einmal nur mit Verhaltensschulung beschäftigt seien. Ein Problem, so glaubt er: „Eltern haben heute den Antrieb, es ihren Kindern so leicht wie möglich zu machen.“ Das hat auch Wuppnub-Leiterin Claire Herzog registriert: „Viel mehr Kinder werden sehr behütet. Ihnen wird viel abgenommen.“

Die Folge: Die Kinder entwickeln keine Toleranz für Frustration, halten es nicht aus, sich selbst mal zurückzunehmen, können sich schwer Aufgaben stellen und sie zu Ende führen. Das allerdings, ist Buschjost sicher, kann nicht die Kita ihnen beibringen: „Das ist zu 100 Prozent bei den Eltern.“