Düsseldorf-Altstadt Streitpunkt Andreas-Quartier: Wie edel darf die Altstadt sein?
Fremdkörper oder die neue Hoffnung für die längste Theke der Welt: Das gerade eröffnete Andreas-Quartier polarisiert mit seinem Gastro-Angebot.
Düsseldorf. Im kollektiven Gejammer waren sich seit Jahrzehnten (fast) alle einig: Die Altstadt ist auf dem absteigenden Ast, das Niveau im Sinkflug und tatsächlich wurden viele Traditionslokale durch Party-Kneipen mit Ballermann-Charakter ersetzt. Seit in der vergangenen Woche das Andreas-Quartier im ehemaligen Amts- und Landgericht eröffnet hat, ist es mit der Einigkeit in Sachen Altstadt vorbei. Die einen sehen in dem Komplex mit Luxus-Wohnungen und hochpreisiger Gastronomie eine geschlossene Gesellschaft für Superreiche, für andere ist das Andreas-Quartier dagegen eine Chance, von der die längste Theke der Welt profitieren kann.
Eine klare Meinung hat Isa Fiedler, die Sprecherin der Altstadtwirte: „Ich kann diese ganze Diskussion um die angebliche ,Gated Community’ nicht verstehen. Da wird kritisiert, dass der Innenhof nicht immer für alle zugänglich ist. So als ob dort früher eine öffentliche Parkanlage gewesen wäre. Da war das Gerichtsgebäude und das war auch nicht immer offen.“
Die Altstadt lebe von der Vielfalt und da habe auch die gehobene Gastronomie ihren Platz. Ganz anders Lous Dassen, die viele Jahre lang das legendäre Dr. Jazz geleitet hat und zu den Wirten gehört, die die Altstadt verlassen haben: „Das passt nicht hierhin, das gehört nicht in die Altstadt.“ Ein Steak-Haus, in dem die Rechnung sehr schnell die 100-Euro-Marke überspringt, gehöre nicht an den Standort: „Von uns normalen Bürgern kann sich das doch keiner leisten.“ Sie befürchtet, dass die Altstadt sich auch weiter negativ entwickelt: „Man muss sich doch nur mal die Flingerstraße angucken. Da gab es früher jede Menge toller Lokale. Heute sind da nur noch Modeläden. Das ist doch traurig.“ Peter Klinkhammer, mit seinem „Dä Spiegel“ an der Bolkerstraße eine der Konstanten im Kneipen-Viertel, hofft auf positive Impulse durch das Andreas-Quartier. Es sei die Chance, verloren gegangenes Publikum zurück zu gewinnen: „In den letzten Jahren sind viele Gäste zu Restaurants in den Stadtteilen abgewandert, nach Flingern oder nach Derendorf.“ Vor allem nach Messen und Seminaren habe man das in den vergangenen Jahren gespürt. Mit der gehobenen Gastronomie im Herzen der Altstadt habe man die Chance, diese Tendenz wieder umzudrehen: „Nach dem Essen haben bestimmt viele dann noch Lust, ein Bier trinken zu gehen. Das bringt neue Leute und darum sehe ich das Ganze auch sehr positiv.“
Allerdings gibt es erhebliche Bedenken, ob die neuen Altstadt-Bewohner sich im Klaren sind, dass sie in einer Party-Zone leben. Manche Gastronomen befürchten, dass es schon bald zu Konflikten kommen könnte. DJ Theo Fitsos, der auch in der Altstadt regelmäßig auflegt, ist sehr skeptisch, ob eine friedliche Ko-Existenz möglich ist: „Bei dem teuren Bau sollte es ja einen guten Schallschutz geben. Im Winter mag das auch funktionieren. Aber im Sommer, wenn die Fenster offen sind, wird es bestimmt Beschwerden geben. Ich bin mal sehr gespannt, wie sich das entwickelt.“