Düsseldorf Weihnachten im Zwinger

85 Hunde, 138 Katzen und 70 Kleintiere werden die Festtage im Tierheim verbringen.

Düsseldorf: Weihnachten im Zwinger
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Verängstigt kauert Labrador-Mischling Waldi in der hintersten Ecke seines Zwingers. Er wird auch dieses Weihnachten wieder dort verbringen — unweit von der Stelle, an der er vor zwei Jahren kurz vor Weihnachten aufgelesen wurde. Waldi war ein knappes Jahr herrenlos durch den Aaper Wald geirrt, bevor Spaziergänger ihn ins Rather Tierheim brachten. Seitdem ist der Zwinger Waldis Zuhause.

Waldi ist einer von zurzeit 85 Hunden, die im Tierheim auf eine Familie warten. Einige davon sind bereits mehrere Jahre dort. „Besonders schwer haben es die großen und alten Hunde. Auch solche, die als gefährliche Hunde eingestuft sind, und solche, die zurückhaltend und verstört wirken — wie halt auch unser Waldi“, sagt Frank Gassmann, Leiter des Tierheims.

Kleine Hunde, die fröhlich kläffend auf die Besucher zustürmen, hätten es da leichter. „Im Schnitt bleibt ein Tier etwas drei Monate bei uns, bevor es ein Zuhause findet“, sagt Gassmann, der in seinen 18 Jahren Erfahrung geschätzt 40 000 Tiere hat kommen und gehen sehen. Waldi hingegen sei ein trauriger „Ladenhüter“.

Aber der Wunsch des Tierheimleiters, allen Tieren ein Zuhause zu vermitteln, kennt auch klare Grenzen: „Wir vermitteln keine Tiere, die als Weihnachtsgeschenk herhalten sollen“, sagt er. Denn Menschen, die kurz vor Weihnachten im Tierheim nach einem Geschenk suchen, gebe es immer noch — auch wenn „die Leute insgesamt vernünftiger geworden sind“. Von den 100 Anrufern, die täglich das Rather Tierheim erreichen, würden etwa fünf zugeben, dass sie ein Tier für die Bescherung ihrer Lieben suchen. „Wie viele es im Endeffekt doch sind, kann man nicht wissen. Man kann den Leuten schließlich immer nur vor den Kopf gucken“, sagt er.

Deshalb achten Gassmann und sein 25-köpfiges Team besonders im Dezember darauf, dass Besucher bedacht bei der Wahl eines Tieres vorgehen. „Wenn jemand für einen Dritten ein Tier mitnehmen will, dann sagen wir ganz klar Nein“, sagt der 47-Jährige. Denn: Mensch und Tier müssten sich suchen und zueinander passen. „Sonst landet der Hund oder die Katze kurz nach Weihnachten wieder hier bei uns im Tierheim“, sagt Gassmann.

Und die Weihnachtszeit ist für die Hunde und Katzen im Tierheim eine einsame Zeit. An den Festtagen arbeiten die Pfleger und Trainer nicht, und auch die vielen „Gassigeher“, die die Hunde normalerweise täglich zu einem Ausflug in den Wald abholen, legen eine Pause ein. Nur abends kommt jemand vorbei und füttert die Tiere.

Vermutlich ergeht es auch Mischlingsrüde Linus so. Er verbringt das vierte Weihnachtsfest im Rather Tierheim. „Linus ist ein komplizierter Hund und deshalb schwer vermittelbar“, sagt Gassmann. Ein Hundepsychologe habe ihm einmal eine „gespaltene Persönlichkeit“ attestiert — nicht gerade die beste Werbung für den schönen Herdenschutzhund-Mix. „Für Linus wäre ein Zwinger mit Familienanschluss, ein Gelände, auf dem er seine Ruhe hat, die beste Lösung“, sagt der Tierheimleiter. „Da muss sich schon ein Hundefreund finden, der Linus seinen Freiraum lässt“, sagt er. Dass die Vermittlungschancen schlecht stehen, weiß der 47-Jährige. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass Linus auch sein fünftes Weihnachtsfest hinter Gittern verbringen werde.