Ausbildung Wenn sich Unternehmen bei den Azubis bewerben

Der Ausbilderkreis hilft Unternehmen seit 50 Jahren, sich Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel zu stellen. Das kann auch den Azubis zugute kommen.

 Mit Bewerbungsgesprächen per Video können Unternehmen Bewerbern entgegenkommen.

Mit Bewerbungsgesprächen per Video können Unternehmen Bewerbern entgegenkommen.

Foto: Christin Klose

Für einen gut funktionierenden Ausbildungsmarkt in der Region müssen Auszubildende und Unternehmen möglichst gut zueinanderfinden. Vor allem in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels. Diesen Vermittlungsprozess zu fördern, hat sich ein kleiner Verein namens „Düsseldorfer Ausbilderkreis“ zum Ziel gesetzt, der im vergangenen Jahr 50 Jahre alt wurde. Sein Ansatz richtet sich zwar an die Unternehmen, das hilft indirekt jedoch auch den Auszubildenden.

Der Vorsitzende Wolfram Brecht gibt den Unternehmen eine Reihe konkreter Tipps. Vor allem in Sachen Digitalisierung hätten sie vielfach Nachholbedarf. So könne etwa schon das Bewerbungsverfahren selbst effizienter gestaltet werden. „Videointerviews sind zum Beispiel eine gute Möglichkeit, Bewerbern eine weite Anreise und Kosten zu ersparen.“ Der Einsatz von Software könne bei einer ersten Auswahl von Bewerbungsschreiben helfen, was für die Bewerber wiederum heißen könnte, bestimmte Signal-Stichworte in Anschreiben und Lebenslauf zu verwenden. Aber auch einfache Grundlagen würden vernachlässigt: „Die Internetauftritte auch von großen Unternehmen sind zum Teil miserabel“, sagt Wolfram Brecht.

Ein weiterer Punkt – der Unternehmen dabei helfen könnte, Azubis von sich zu überzeugen – sei, die Sorgen von Eltern ernst zu nehmen. Das heißt konkret: Auch für den Feierabend oder das Wochenende Angebote zur Vernetzung von jungen Azubis mit den Kollegen anzubieten und diese auch in der Stellenausschreibung zu erwähnen.

Unterm Strich bringt Brecht den neuen Ansatz für Unternehmen auf die Formel: „Sie müssen sich aktiv bei den Leuten bewerben und nicht passiv warten, was da kommt.“

Mehr als 100 Mitglieder hat der Ausbilderkreis. Darunter sind große Unternehmen wie Henkel, der Flughafen in Düsseldorf, die Rheinbahn, Siemens und Daimler, aber auch eine Reihe von Mittelständlern, Interessensverbänden und Bildungseinrichtungen wie die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Krefeld und die „Konzept Bildung und Service GmbH“ in Wuppertal. „Eines unserer Anliegen ist es, die Vernetzung und den Austausch zu fördern“, sagt Brecht.

Außerdem geht es um Weiterbildung etwa mit Workshops. Dort wird unter anderem mit Hilfe von Referenten vermittelt, wie ein Unternehmen für Bewerber attraktiv wird. Aber auch Themen wie IT-Sicherheit und Gesundheitsmanagement stehen im Fokus. Das Programm für das Jahr 2020 steht (siehe Kasten). Für 120 Euro im Jahr kann ein Vertreter einer Firma an den Seminaren teilnehmen.

Brecht wirbt um neue Teilnehmer. „Viele Unternehmen brauchen Hilfestellung. Vor allem angesichts von zurückgehenden Schülerzahlen, einer unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung und den Folgen der Digitalisierung wie Arbeitsplatzabbau.“

Entstanden war der Ausbilderkreis im Jahr 1969 übrigens vor einem ganz anderen Hintergrund. Die Politik misstraute der Wirtschaft zunehmend, ob sie für angemessene Ausbildungsverhältnisse sorgen würde und übertrug dem Staat mehr Einfluss und verabschiedete schließlich das Berufsbildungsgesetz. Der Kritik stellten sich im gleichen Jahr zuvorderst die großen Handelshäuser wie Karstadt, Kaufhof oder Hertie, indem sie den Ausbilderkreis gründeten. So sollte der Beweis angetreten werden, dass die Wirtschaft sehr wohl willens war, in die Ausbildung zu investieren und sie zu verbessern. Dieses Ziel hat bis heute bestand.