Düsseldorf Wie Studentin Jasmin den Sturz in den tiefen Schacht überlebte

Erstmals äußert sich die lebensgefährlich verletzte junge Frau zu ihrem 30 Meter tiefen Fall vom Dach der Kunstakademie und zu ihrer Rettung.

Foto: Meister

Düsseldorf. In der Nacht zum 6. Juli waren zwei Studenten auf dem Dach der Kunstakademie durch einen Kaminschacht 30 Meter in die Tiefe gefallen. Das Mädchen, Jasmin Preiss, verletzte sich lebensgefährlich. An 17 Stellen war der Körper kaputt. Sie kam auf die Intensivstation der Universitätsklinik, lag sechs Wochen im Krankenhaus, bewegte sich später nur noch im Rollstuhl und zuletzt mit einer Art Rollator. Jetzt legt sie erstmals ihre Krücken ab und äußert sich im WZ-Gespräch zu der Horror-Nacht.

All die Narben auf dem Rücken sieht man nicht. Die Blessuren im Inneren, an den Organen wie Leber und Lunge, werden langsam heilen. Ein Fuß steckt im Laufschuh, denn die Stahlplatte im Unterschenkel führt bis in die Fußsohle. Das erste Lächeln kommt ins schöne Gesicht. Sie freut sich auf die Reha, die am Martinstag beginnt. Sie hofft, dass ihr Körper stabilisiert wird.

Jasmin Preiss zu ihrem Sturz

Sie erzählt von ihrem tiefen Fall: „Wir sind auf dem Kaminschacht eingebrochen. Ich wusste gar nicht, mit wem ich da falle und in welche Tiefe. Es ging ganz schnell. Es dauerte nur ein paar Sekunden. Im Unterbewusstsein merkte ich, ich erlebe jetzt etwas ganz Besonderes.“

Dass ihr Kommilitone sich mit den Händen abstützte und dadurch die Geschwindigkeit beim Sturz reduzierte, ahnte sie nicht. Den Aufprall schildert sie fast undramatisch: „Das Aufschlagen merkt man nicht. Der Schmerz kommt später. Ich kam wahrscheinlich mit dem Steißbein auf, die Füße in der Hocke.“

Ein Kommilitone auf dem Dach habe die Feuerwehr angerufen, aber gesagt, da sei jemand auf dem Dach gestürzt. Jasmin Preiss: „Die Feuerwehr suchte nach einer einzigen Person. Sie wusste zunächst gar nicht, dass wir zu zweit längst unten waren.“

Ein erster Retter war der Student Oliver. Er kannte den Schacht, denn er hatte sich selbst schon einmal reingelegt. Er wusste also, wie man die Verunglückten herausholt. Sonst hätte es Stunden gedauert, bis man die beiden gefunden hätte — möglicherweise zu spät.

So viel bekam Jasmin noch mit: „Ein Notarzt wollte mir eine Spritze geben. Das funktionierte in der Enge des Schachts aber nicht. Ein zweiter Helfer schnitt die Jacke auf. Ich saß die ganze Zeit in der Hocke und versuchte, von Sekunde zu Sekunde zu überleben. Nach der Spritze bekam ich noch viel Wasser aus einer Plastikflasche und wurde bewusstlos.“Als sie viele Stunden später aufwachte, wunderte sie sich, wieso die Familie und die Freunde um sie herumstanden.

Es habe lange gedauert, bis sie in der Realität angekommen sei. Sie müsse noch vieles im Kopf verarbeiten. Nur eines wisse sie: „Im Januar ist Rundgang. Ich will meinen Abschluss machen. Ich werde meinen Dokumentarfilm über Karim zeigen, dessen Familie aus Marokko stammt und der in Duisburg-Marxloh aufgewachsen ist. Ich hoffe, dass ich bis dahin fit bin.“