Wikileaks lokal: Im Rathaus bleibt fast nichts geheim
Journalisten suchen stets auch Nicht-Öffentliches, Politiker oder Beamte plaudern es aus.
Düsseldorf. Die Aufregung um Wikileaks und die Veröffentlichung streng geheimer Dokumente lässt einen langgedienten Rathausinsider wie Oberbürgermeister Dirk Elbers schmunzeln: "Vertraulichkeit? Die gibt es so gut wie nicht mehr", sagt er auf die Frage, wie es denn im Rathaus um die Wahrung von Geheimnissen bestellt ist. In der Tat: Immer wieder behandelt auch unsere Zeitung Vorlagen oder Verträge, Grundstückskäufe oder -verkäufe, die den "NÖ"-Stempel für Nicht-Öffentlich tragen. Wir tun das stets dann, wenn wir der Überzeugung sind, ein Vorgang sei von öffentlichem Interesse.
Beispiel Alte Paketpost am Hauptbahnhof: Die exorbitanten Kostensteigerungen beim Umbau von über 20 Millionen Euro wären nie herausgekommen, hätten sich die Medien an das Verschwiegenheitsgebot gehalten. Oder die Kostensteigerungen und Schulden in den Anfangsjahren der Arena, die nur publik wurden, weil Journalisten Zugriff auf vertrauliche Papiere hatten.
Jüngster Aufreger: Die geschätzten Kosten von rund neun Millionen Euro für den Eurovision Song Contest im nächsten Jahr. Um 20.20Uhr brachte OB Dirk Elbers die Vorlage im Stadtrat hinter verschlossenen Türen ein - nur zehn Minuten später fand sie sich bereits im Internet: "Das war ein eklatanter Fall", sagt Elbers, der sich den Ärger über solche "Durchstiche" freilich abgewöhnt hat: "Man muss das zur Kenntnis nehmen. In größeren Gremien gibt es immer jemanden, der plaudert. NÖ-Vorlagen sind quasi öffentlich, denn das Interesse, vor allem der Zeitungen, daran ist einfach zu groß." Es sei jedoch schon bedenklich, wenn gerade vertraulich entwickelte Ideen sofort herausposaunt würden: "Dadurch wird manches gleich kaputtgemacht", sagt Elbers.
Journalisten sind aber nicht nur scharf auf geheime Vorlagen aus der Politik. Auch Aufsichts- oder Verwaltungsratssitzungen von Unternehmen reizen zur Recherche, obwohl - oder gerade weil - sie vertraulich sind. Am leichtesten fällt das natürlich bei städtischen Töchtern wie Rheinbahn oder Stadtsparkasse, weil hier die als Informanten traditionell gefragten Politiker mitmischen.
Aber auch Verwaltungsleute bis in die Stadtspitze hinein oder Behörden wie die Staatsanwaltschaft "stecken" den Medien dann und wann vertrauliche Nachrichten. Natürlich immer unter der Maßgabe, dass der Journalist seinerseits absolute Verschwiegenheit über die Quelle wahrt. "Durchgestochen" wird Geheimes meist aus einem Grund: Einem Konkurrenten oder Gegner schadet die Veröffentlichung in irgendeiner Weise.
Klar ist zudem, dass es im Verhältnis Politik - Medien mitunter ein Geben und Nehmen gibt: Steckst du mir das Geheimnis, erwähne ich dich in anderem Zusammenhang. Und mancher Politiker oder Wirtschaftsboss versucht umgekehrt, Journalisten durch gezieltes "Anfüttern" wohlwollend zu stimmen.
OB Elbers immerhin ist froh, dass, wenn schon nicht Papiere, wenigstens die "Unter-uns-Gespräche" auch vertraulich bleiben: "Mein Vertrauen zu allen Dezernenten im Verwaltungsvorstand ist sehr hoch. Da hat mich bislang noch keiner enttäuscht."