Filmkritik „Wir Eltern“: Ein Dokument gescheiterter Erziehung
Düsseldorf · Der halb-dokumentarische Film sorgt für Unglauben und Fremdschämen. Trotz einiger Holprigkeiten schafft er Identifikation.
Die Zwillinge Romeo und Anton haben es sich im „Hotel Mama & Papa“ bequem gemacht. Die fragen sich zunehmend, was da mit ihren dem Teenageralter langsam entwachsenden Sprösslingen schiefgelaufen ist. Eric Bergkraut nennt seinen neuen Film „Wir Eltern“, der am Dienstagabend im Atelier-Kino Deutschland-Premiere feierte, eine „autofiktionale Groteske“.
Was die Zuschauer mit einer Mischung aus Unglauben und Fremdschämen da auf der Leinwand sahen, hat seinen Kern in der Familie des Regisseurs. Der Schweizer setzt normalerweise dokumentarische Stoffe für die Kinoleinwand um. Seine Frau Ruth Schweikert ist Schriftstellerin. Zur Familie Bergkraut-Schweikert gehören drei Söhne, die in „Wir Eltern“ sich selbst spielen. Neben den spätpubertierenden Zwillingen gibt es noch das Nesthäkchen Benji, bei dem das Künstlerehepaar offenbar alles richtig gemacht hat. Während die älteren Brüder Zukunftspläne praktisch auf Eis gelegt haben, die Schule schwänzen, stundenlang am Computer zocken, kiffen und die Eltern bei ihren angedrohten, aber nie umgesetzten Strafen gegeneinander ausspielen. Schließlich ist es viel angenehmer, wenn Papa und Mama hinter ihnen her räumen, sie bekochen oder schon mal das Thema für die Abi-Arbeit in einem 20-Seiten-Exposé ausarbeiten, damit es der Sprössling nicht mehr so schwer mit der Umsetzung hat.
Drehort war das Zuhause des Quintetts in Zürich. Das Budget knapp, die Zeit mit 15 Tagen ebenso. Ruth Schweikert wollte nicht vor die Kamera, so übernahm Elisabeth Niederer als einzige ausgebildete Schauspielerin die Rolle der Mutter. „Das war nicht immer leicht, weil ich mit Laien vor der Kamera agieren musste und es praktisch auch kein Drehbuch gab“, resümiert die Schweizerin, die für die Premiere extra aus Berlin angereist war.
Die Eltern im halb-dokumentarischen Film geraten zunehmend in eine Sinnkrise und versuchen es mit verschiedensten Tricks, sich ihrer undankbaren Brut zu erwehren. Das schaut sich mitunter etwas mühsam an. Was wohl auch daran liegt, dass die ursprünglich auf Schweizer-Deutsch gedrehte Version statt mit Untertitel spontan ins Hochdeutsche übersetzt wurde und alle mehr holpernd als überzeugend ihre Dialoge nachsprechen.
Zwischen den Spielszenen lässt Eric Bergkraut einen Psychologen und Paar-Therapeuten, einen Kinderarzt und eine Journalistin Expertenwissen zum Thema Erziehung einstreuen.
Trotz der etwas anstrengenden Umsetzung des Stoffes konnten sich die Zuschauer im Atelier mit der einen oder anderen Begebenheit im Zusammenleben mit zwei renitenten Kindern identifizieren.
„Wir Eltern“ läuft noch bis Sonntag in Düsseldorf im Bambi an der Klosterstraße. Beginn ist jeweils um 21:30 Uhr. Infos unter: