Zwangsversteigerung: 36 000 Euro für die „Katze im Sack“
Nicht jeder Bieter weiß, worauf er sich bei der Versteigerung einer Immobilie einlässt. Zurzeit sind 109 Zwangsversteigerungen am Amtsgericht aktuell, und es werden immer mehr: Bundesweit stieg die Zahl von 38 800 (2002) auf 60 000 im vergangenen Jahr.
Düsseldorf. "Zwangsversteigerung" steht auf dem Ablaufplan neben dem Eingang zu Saal A 275 des Amtsgerichts. In dem kleinen Raum im zweiten Obergeschoss herrscht unangenehme Stille. Nur fünf Interessenten haben an diesem Mittwochmorgen den Weg hierher gefunden. Heute leitet Rechtspfleger Dieter Hinkelmanns die Versteigerung. Es ist kurz vor elf Uhr, als der 53-Jährige seinen Platz einnimmt. "Wir müssen noch zwei Minuten warten", sagt er zu den vier Herren und einer älteren Frau, die in den Zuschauerreihen Platz nehmen.
Zurzeit sind 109 Zwangsversteigerungen am Amtsgericht aktuell, und es werden immer mehr: Bundesweit stieg die Zahl von 38 800 (2002) auf 60 000 im vergangenen Jahr. Heute geht es um eine Ein-Zimmer-Wohnung auf der Gladbacher Straße, 48 000 Euro soll sie kosten. "Die Lage ist interessant, aber die Wohnung ist einfach zu klein", flüstert ein Sitznachbar, ein Immobilienhändler, während er im Gutachten blättert.
Hinkelmanns liest derweil den Grundbuchinhalt im Wesentlichen vor. Zum langweiligen Teil einer Versteigerung zählen auch die Bedingungen sowie die Aufklärung über das Mindestgebot. Liegt das unter 50 Prozent des festgesetzten Wertes, muss das Gericht den Zuschlag aus Schuldnerschutzgründen versagen.
Um 11.19 Uhr ist es soweit. Hinkelmanns ruft zum Gebot auf. "Sie haben nun 30 Minuten Zeit, um mit ihrem Gebot und dem Personalausweis nach vorne zu kommen." Nur wenige Minuten später steht der erste Bieter vor dem Rechtspfleger. "Das erste Gebot lautet 25 000 Euro."
Stille. "Gehen die Fenster eigentlich zur Straße oder zum Hof?", fragt ein ausländischer Interessent seinen Sitznachbarn. Einige Minuten vergehen, bis er schließlich 26 000 Euro für die Wohnung bot.
Während die Termine der Eigentumswohnungen in der Regel selten ausfallen, kann das bei Häusern häufiger passieren. "Die Versteigerung wird oft abgeblasen, weil der Schuldner in letzter Minute doch noch Geld aufbringen kann", erzählt Hinkelmanns, der seit 20 Jahren Zwangsversteigerungen leitet.
Jetzt schaltet sich der Vertreter einer Immobiliengesellschaft ein. Anfangs etwas zögerlich, bietet er schließlich bis 30 000 Euro mit. Im Sekundentakt überbieten sich jetzt ein ausländischer Interessent und ein älterer Herr. Ihre Grenze: 36 000 Euro. Bei der Summe ist die Luft raus. "Kommt ein weiteres Gebot?", fragt Hinkelmanns. "Andernfalls schließe ich die Versteigerung." Niemand meldet sich zu Wort, der Rechtspfleger erklärte die Auktion für beendet.
Für den Senior war es die erste Zwangsversteigerung. "Die Wohnung kann ich gut für eine Studentin aus meiner Familie gebrauchen." Worauf er sich tatsächlich eingelassen hat, weiß er nicht. Hinkelmanns klärt ihn auf: "Der Gutachter konnte nicht herausfinden, ob die Wohnung vermietet ist. Und der Schuldner ist verschwunden. Da haben Sie die Katze im Sack ersteigert."
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