Zwillingsgeburt nach Chemotherapie — dank „Medical Freezing“

Marion Ulrich hat als erste Frau in NRW Zwillinge bekommen, nachdem ihr eingefrorenes Eierstockgewebe eingesetzt und sie auf natürlichem Wege schwanger wurde.

Zwillingsgeburt nach Chemotherapie — dank „Medical Freezing“
Foto: UKD/Kesting

Für Marion Ulrich sind Marlon und Leon das „Schönste auf der Welt“: Am 23. Januar kamen ihre Zwillinge in Düsseldorf gesund auf die Welt. 2010 hatte sich die heute 33-Jährige Eierstockgewebe in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) vor einer Chemotherapie entnehmen und einfrieren lassen. 2016 wurde ihr das Gewebe auch dort wieder transplantiert. Wenige Monate später wurde sie auf natürlichem Weg schwanger. Damit konnte die erste spontane Zwillingsgeburt in NRW nach einer natürlichen Schwangerschaft infolge des Verfahrens, das auch als „medical freezing“ bekannt ist, ermöglicht werden. Im gesamten deutschsprachigen Raum ist es zudem die erste Schwangerschaft und Geburt nach einem solchen Verfahren bei einer Patientin, die wegen einer rheumatischen Erkrankung behandelt werden musste.

Marion Ulrich ist froh, dass ihr durch dieses Verfahren eine Familiengründung ohne eine künstliche Befruchtung ermöglicht wurde. Jetzt stehen die beiden Söhne im Mittelpunkt ihres Tagesablaufs in der niederrheinischen Heimat: „Die beiden halten uns natürlich auf Trab und der Schlaf kommt zu kurz. Aber den beiden geht es gut. Wir sind sehr glücklich“, sagt die gelernte Versicherungskauffrau. Sie ist an Lupus erythematodes erkrankt, einer schweren Rheumaform. Im Zuge ihrer Behandlung erhielt sie auch eine Chemotherapie.

Für sie stand jedoch fest: Auf den gemeinsamen Kinderwunsch wollten sie und ihr Mann trotz notwendiger Therapie nicht verzichten. Sie entschied sich 2010 für eine Entnahme des Eierstockgewebes, um sich dieses später, nach Beendigung der erfolgreichen Therapie, wieder einsetzen lassen zu können.

Im Gegensatz zu den männlichen Keimzellen, welche stets durch Stammzellen neu gebildet werden, befinden sich alle Keimzellen der weiblichen Patientin bereits zum Zeitpunkt der Geburt in den Eierstöcken und werden später nicht neu gebildet. Ist eine Therapie mit einer möglichen Schädigung von Keimzellen notwendig, dann besteht ein erhebliches Risiko der Einschränkung bis hin zum vollständigen Verlust der Fruchtbarkeit. Das UKD ist auch Mitglied des Netzwerkes Ferti-Protekt e.V., in dem sich 119 universitäre Zentren, Kliniken und Praxen seit 2006 zusammengeschlossen haben. Bis Februar 2018 wurden im Netzwerk 163 Transplantationen bei 126 Patientinnen dokumentiert. Daraus resultieren 31 Schwangerschaften.