Ehepaar Lutter aus Willich Ein doppeltes Fest zu jedem Jahreswechsel
Schiefbahn · Jutta und Ferdinand Lutter haben an einem ungewöhnlichen Datum geheiratet: Es war der 31. Dezember. An diesem Silvester liegt das Ereignis 69 Jahre zurück.
„Ich würde mein Dickerchen immer wieder heiraten“, der Satz von Jutta Lutter kommt von Herzen und der liebevolle Blick, den sie dabei mit ihrem Mann Ferdinand tauscht, untermalt die Aussage. „Das gilt für mich ebenso“, sagt Ferdinand Lutter und greift zur Hand seiner Frau. Ein glückliches Paar – und das seit fast sieben Jahrzehnten. Am 31. Dezember liegt es 69 Jahre zurück, dass die beiden sich das Ja-Wort gegeben haben.
Wenn Ferdinand Lutter an das ungewöhnliche Datum denkt, muss er schmunzeln. „Das vergisst man nicht. Man muss nicht extra feiern, sondern macht das mit Silvester zusammen. Zudem haben wir damals noch die Steuerermäßigung für das ganze Jahr bekommen“, sagt der 93-Jährige mit einem Augenzwinkern. Im moosgrünen Seidenkleid und schwarzem Anzug ging es am 31. Dezember 1955 mit den beiden Trauzeugen, Ferdinands Bruder Willi und Juttas Onkel Eberhard, aufs Standesamt in Düsseldorf, um danach im Kreis der Familie und Nachbarn zu feiern. „Wir haben seinerzeit das Glück gehabt, an der Kölner Straße in Düsseldorf in einem Neubau eine 28 Quadratmeter große Einzimmerwohnung mit Toilette in der Wohnung und Duschbad zu bekommen“, erinnert sich Jutta Lutter. Sie selber wohnte bis dato mit ihrer Mutter, Geschwistern, Großeltern sowie Onkel und Tante in einer Dreizimmerwohnung, Ferdinand Lutter teilte sich ein Zimmer zur Untermiete mit einem Freund.
Dass sich der im sauerländischen Brilon aufgewachsene junge Mann und die aus der Mark Brandenburg stammende junge Frau ausgerechnet in Düsseldorf kennenlernten, ist „meinem Onkel Eberhard zu verdanken. Er war quasi unser Ehestifter“, erzählt die 90-Jährige. Besagter Onkel arbeitete bei der Autounion Düsseldorf, wo auch Ferdinand Lutter seine Brötchen verdiente. Es gab in jedem Jahr ein Betriebsfest, zu dem Ferdinand Lutter gar nicht gehen wollte, weil „ich keine Freundin hatte, mit der ich hätte tanzen können“, plaudert der gelernte Autoschlosser aus dem Nähkästchen. Onkel Eberhard versprach seine Nichte Jutta mitzubringen, was er auch tat. Was er nicht ahnen konnte, war, dass er ein Paar fürs Leben zusammenbringen würde, denn zwischen seiner Nichte und seinem Arbeitskollegen war es Liebe auf den ersten Blick.
Das Datum des Betriebsfestes, 13. Oktober 1953, hat sich bei den Lutters fest ins Gedächtnis eingeprägt. „Wir haben uns danach zum Tanzen und Spazierengehen getroffen. Oft sind wir auch nach Brilon gefahren. Dann habe ich Jutta gefragt, ob wir nicht heiraten wollten“, sagt Ferdinand Lutter. Das Datum stand schnell fest und auch, dass es nur eine standesamtliche Trauung werden sollte. „So musste keine Entscheidung getroffen werden, in welcher Kirche wir kirchlich geheiratet hätten. Ich bin nämlich evangelisch und mein Mann katholisch. Das war 1955 noch eine besondere Sache“, sagt Jutta Lutter.
Ihr moosgrünes Kleid hat dennoch eine kirchliche Hochzeit erlebt. Denn Tochter Susanne entschied sich bei ihrer eigenen Hochzeit gegen ein weißes Kleid und nahm stattdessen das elegante 50er-Jahre-Kleid ihrer Mutter. „Das Kleid hängt heute noch, gut verpackt, bei mir im Kleiderschrank. Zur Abiturfeier meiner Tochter Magdalena habe ich es sogar nochmals angehabt“, sagt Susanne Lutter. Den Anzug von Ferdinand Lutter gibt es nicht mehr. Aber dafür hat Jutta Lutter das Döschen, in dem einst die Eheringe lagen, ebenfalls aufbewahrt.
Wenn das Schiefbahner Ehepaar durch die Fotobücher blättert, die ihre Tochter aus den unzähligen alten Bildern erstellt hat, dann werden Erinnerungen wach. Ihre Hochzeit, Urlaube, Feiern, der Hausbau in Schiefbahn, die Geburt von Susanne, das Familienleben und nicht zuletzt ihre Diamanthochzeit – es sind unzählige Geschichten, die hinter der langen Ehe stehen. Beide sind sich sicher, dass es Geduld und Humor sind, die ein jeder für eine lange Ehe mitbringen sollte. „Ferdinand wollte zudem nie streiten. Wenn ich mal wütend war, bin ich weggegangen und danach war alles wieder gut“, sagt Jutta Lutter.
Beide hoffen, dass sie im kommenden Jahr ihren 70. Hochzeitstag und damit ihre Gnadenhochzeit feiern können. Jetzt steht aber erst einmal der 69. Hochzeitstag samt Silvester an, der mit Juttas jüngerem Bruder und dessen Frau gemütlich in Schiefbahn gefeiert wird.