„Werther“-Ausstellung in Düsseldorf Erst Lektüre, dann hohes Fieber
Düsseldorf · Das Goethe-Museum zeigt die Ausstellung „Werther – ein europäisches Ereignis“.
Vor 250 Jahren erschien in Deutschland ein Buch, das bei den europäischen Zeitgenossen ein wahres „Fieber“ auslöste. An der Berühmtheit des Autors kann es noch nicht gelegen haben. Denn Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ wurde zunächst als anonymes Werk veröffentlicht. Doch innerhalb weniger Jahre begannen junge Leser, sich wie der Protagonist zu kleiden, trugen blaue Fräcke, gelbe Westen, und eiferten Werthers Lebensweise nach.
Aus Anlass des Jubiläums widmet sich das Goethe-Museum Düsseldorf in einer eigenen Sonderausstellung diesem „Werther-Fieber“. Unter dem Titel „Werther – ein europäisches Ereignis“ wird sie bis 31. Dezember auf Schloss Jägerhof zu sehen sein. Noch muss man das Museum über den Garteneingang betreten, aber auf der Frontseite ist das Werk seit 2016 präsent. Als XXL-Buchausgabe der Erstausgabe erinnert es an Goethes Erstlingsroman. Wenige Monate vor dessen Erscheinen führte eine Rheinreise den jungen Schriftsteller zum ersten Mal in die aufstrebende Kunstmetropole Düsseldorf, wo er bei der befreundeten Familie Jacobi wohnte.
Die Kabinettausstellung zeigt 74 Objekte. Man hätte mühelos weit mehr zeigen können, sagte Museumsdirektor Christof Wingertszahn bei der Eröffnung. Doch mit 50 Exponaten wollte man eine zeitgleich stattfindende Ausstellung in Wetzlar unterstützen. Jetzt finden sich in sechs Vitrinen grafische Illustrationen, Handschriften und Bücher. Einen Blickfang bilden vergrößerte Idealporträts der Romanfiguren Werther und Lotte, die über einem Sofa in „Werther-Blau“ hängen.
Ebenso faszinierend ist es, die zahlreichen europäischen Übersetzungen zu betrachten, die bereits wenige Jahre nach Erscheinen auf den europäischen Buchmarkt kamen. Unter den weiteren Themen sind „Brief- und Lesekultur“ sowie „Wertheriaden“. Die Dreiecksbeziehung zwischen Werther, Lotte und Albert bildet den Kern der Romanhandlung, in der Ausstellung erfährt man die historischen Hintergründe: Goethes Aufenthalt in Wetzlar und die Bekanntschaft mit Charlotte Buff und Johann Christian Kestner. Aufschlussreich ist zudem der Einblick in die Brief- und Lesekultur des 18. Jahrhunderts.
Geplant und kuratiert wurde die Ausstellung von Regina Müller, die als wissenschaftliche Volontärin im Goethe-Museum arbeitet und gleichzeitig im Masterstudiengang der Heine-Universität eingeschrieben ist. Bei ihrer Einführung erzählte sie, dass Napoleon ein eifriger Leser des „Werther“ war. Sieben Mal soll er den Roman gelesen und sich bei einem Treffen mit Goethe in Erfurt auch über seine Beobachtungen geäußert haben. Die Kuratorin verwies zudem auf die Nachahmungssuizide der Zeit, den „Werther-Effekt“. Goethe selbst fügte der zweiten Auflage einen Vierzeiler hinzu, in dem es heißt: „Sey ein Mann und folge mir nicht nach.“