Sozialunterstützung Immer mehr Pflegebedürftige brauchen staatliche Hilfe

Düsseldorf · Die Kosten für Pflegeheime sind immens hoch. Immer häufiger muss der Staat einspringen, weil die Pflegebedürftigen nicht genug Geld haben. Die SPD warnt vor einem Armutsrisiko.

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in NRW wird nach einer Berechnung des Statistischen Landesamtes bis 2050 auf knapp 1,6 Millionen ansteigen. (Symbolbild)

Foto: Frank Molter/dpa

Immer mehr pflegebedürftige Menschen in Nordrhein-Westfalen sind auf zusätzliche staatliche Hilfe angewiesen, um die Kosten stemmen zu können. Die Zahl der Menschen, die die sogenannte Hilfe zur Pflege beziehen, ist von 2017 bis 2023 um mehr als 6.800 auf 77.875 angestiegen. Das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor.

Zwischenzeitlich lagen die Bezieherzahlen sogar über 84.000. Nach dem Anfang 2022 eingeführten Leistungszuschlag der Pflegekassen sanken sie dann zunächst, stiegen aber im Jahr 2023 wieder deutlich an. Der Leistungszuschlag steigt mit der Dauer der vollstationären Pflege und verringert den Eigenanteil der Betroffenen.

Auch Kosten der Kommunen steigen

Hilfe zur Pflege erhält laut Gesetz, wer die von der Pflegeversicherung nicht gedeckten Kosten der Pflege nicht selbst zahlen kann. In dem Fall springen die Kommunen vor Ort ein. Die Ausgaben der Kommunen zur Unterstützung von Pflegebedürftigkeit sind nach den von der SPD ausgewerteten Zahlen von gut 830 Millionen Euro netto im Jahr 2017 auf rund 975 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen. Zwischenzeitlich lagen die Kosten vor der Gesetzesänderung des Bundes sogar über einer Milliarde Euro.

Dabei sind die Ausgaben regional unterschiedlich hoch. In Duisburg stiegen die kommunalen Ausgaben für Hilfe zur Pflege nach Berechnungen der SPD trotz Entlastung durch den Bund von 2017 bis 2023 um knapp 32 Prozent, im Kreis Gütersloh um gut 40 Prozent und in Oberhausen und im Kreis Steinfurt sogar um etwa 50 Prozent. An der Spitze steht mit mehr als 100 Prozent Steigerung der Kreis Unna.

Im Kreis Kleve hingegen gingen die kommunalen Ausgaben für Hilfe zur Pflege von 2017 bis 2023 um knapp 9 Prozent zurück, in Düsseldorf um etwa 15 Prozent und in Köln um 17 Prozent.

Im Ruhrgebiet besonders viele Empfänger

Die Kosten der vollstationären Pflegeeinrichtungen belasten die Pflegebedürftigen, pflegende Angehörige und Kommunen. In Duisburg beziehen demnach 82 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen Hilfe zur Pflege, weil sie es selbst nicht mehr bezahlen können. In Oberhausen sind es 73 Prozent, in Gelsenkirchen 71 Prozent.

„Zum 30. Geburtstag der Pflegeversicherung müssen wir feststellen: Das Ziel bei ihrer Einführung Anfang 1995, Armut durch Pflegebedürftigkeit zu verhindern, erreicht die Pflegeversicherung nur noch bedingt“, sagte der pflegepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Thorsten Klute, der Deutschen Presse-Agentur. Die nächste Legislaturperiode des Bundestags müsse deshalb eine „Periode der Pflegereform“ werden. Pflegende Angehörige müssten deutlich mehr Unterstützung erfahren. Die Pflegeversicherung müsse reformiert werden. „Es gilt, Armut durch Pflegebedürftigkeit zu verhindern.“

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in NRW wird nach einer Berechnung des Statistischen Landesamtes aus dem vergangenen Jahr bis 2050 auf knapp 1,6 Millionen ansteigen. Sie wird damit um gut 30 Prozent höher liegen als 2021 (1,2 Millionen). Der größte prozentuale Anstieg bei den Leistungsarten wird bei der stationären Pflege erwartet: Hier würden im Jahr 2050 mit 249. 000 Pflegebedürftigen 48,9 Prozent mehr Personen erwartet als 2021 (167.000).

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