Foltermord: Zelle statt Hotelzimmer für wichtigen Zeugen
Der 1995 verurteilte Haupttäter entlastet vor dem Landgericht plötzlich seine angeklagten Landsleute.
Krefeld. Im Mordprozess vor der 2.Großen Strafkammer des Landgerichts trat am Dienstag nur ein Zeuge auf, der allerdings stundenlang Rede und Antwort stehen musste: Der aus Indien eingeflogene "Kuki". Und der handelte sich ein neues Verfahren ein.
Angeklagt sind die Inder Lakvir ("Mota") S. (35) und Andhir ("Dhira") S. (41). Ihnen wird vorgeworfen, am 2.Mai 1995 gemeinschaftlich mit dem bereits zu lebenslanger Haft verurteilten Rajinder ("Kuki") M. ihren Landsmann Rattan L. grausam getötet zu haben. "Kuki" wurde 2005, nachdem er in Deutschland zehn Jahre hinter Gittern saß, nach Indien abgeschoben. Dort machte man ihn ausfindig, sandte ihm Visum und Flugticket und gab ihm die Zusicherung auf freies Geleit, um in Krefeld als Zeuge vernommen zu werden.
Obwohl nicht wenige Prozessbeobachter an seinem Erscheinen zweifelten, erschien Rajinder M. pünktlich im Sitzungssaal. Überraschend entlastete er die Angeklagten, die er vor zwölf Jahren schwer beschuldigt hatte. Auslöser für die brutalen Misshandlungen am Ostwall und später auf der Roßstraße waren die telefonischen Offerten des Opfers an M.’s Krefelder Ehefrau. Man wollte ihm den Arm brechen, mit dem er die Telefonnummer gewählt hatte und den Fuß dazu. So werden in Indien Beleidigungen von Ehefrauen gerächt.
Am Dienstag nahm der Zeuge alle Schuld auf sich und sagte, er allein habe mit der Eisenstange so lange auf L. eingeschlagen, bis dieser das Bewusstsein verlor. Zuletzt noch vor dem Abschiebungsrichter im Jahr 2005 hatte "Kuki" ausgesagt, dass die beiden anderen so lange zugeschlagen hätten, bis L. tot war. Nun erklärte er dagegen: "Mota und Dhira haben auf L. gesessen, ihm den Mund zugehalten und gegen den Teppich gedrückt. Beide haben mit der Stange nicht geschlagen." Die Staatsanwältin appellierte an ihn, bei der Wahrheit zu bleiben. Doch der Zeuge hielt an der Aussage fest.
Noch in der Mittagspause eröffnete die Anklägerin gegen "Kuki" ein Verfahren wegen Falschaussage. Zwei Polizeibeamte führten ihn ab. Er wird am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt. Der Prozess wird Freitag fortgesetzt.